HOMBERGER HINGUCKER MAGAZIN

2008 – 2021 Informationen zur Kommunalpolitik in der Kreisstadt Homberg (Efze) – ab 2021 HOMBERGER HINGUCKER MAGAZIN

Wo ist der „zentrale Versorgungsbereich“ Hombergs?

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Es gibt noch kein Einkaufszentrum auf dem Ulrich-Areal, trotzdem können die Homberger alles für ihren täglichen Bedarf in Homberg einkaufen.

Ein Versorgungs-Notstand in der Kernstadt ist nirgends festzustellen, wohl aber in den Stadtteilen.

 

 

 

GMA – Einzelhandelsstudie 2011: Überdurchschnittliche Ausstattung im Einzelhandel

In der Kernstadt gibt es keinen Versorgungs-Notstand, das Gegenteil ist der Fall. Das stellte die Gesellschaft für Marketing und Absatzforschung (GMA) in ihrer Studie von 2011 fest.

Sie sieht "keinen zwingender Handlungsbedarf". Im Vergleich mit Städten ähnlicher Größenordnung verfüge Homberg über eine "überdurchschnittliche Ausstattung im Einzelhandel".
Der Lebensmittel-Einzelhandel ist mit dem Herkules-Markt (Edeka) und Rewe, der Discounterbereich mit Lidl und Aldi gut ausgestattet. Auch der Nonfood-Bereich ist "überdurchschnittlich gut" ausgestattet.

Dei GMA sah 2011 angesichts der guten Ausstattung im Einzelhandel und der deutlich rückläufigen Einwohnerzahl nur eingeschränktes Entwicklungspotenzial.

Schon damals passte diese Bestandsanalyse nicht zu den Vorstellungen im Rathaus – das die Studie in Auftrag gegeben und bezahlt hatte. Der damalige Bürgermeister Martin Wagner erwartete für die Steuergelder eine handfeste Unterstützung für seinen Marktplatz-Ost-Plan. Also machte die GMA zum Schluss ihres Berichts eine logisch nicht nachvollziehbare Kehrtwende und schrieb:

"Vor dem Hintergrund der eingeschränkten Potenziale auf Nachfrageseite und der guten Ausstattung in den meisten Sortimenten wird ein kleineres Einkaufszentrum (5.000 – 7.000 m² VK)" empfohlen."

Nimmt aber gleich zurück:

"Exakte Größenordnung hängt auch von Baukosten und kritischer Masse ab."

 

GMA 2016: "Zentraler Versorgungsbereich"

Sechs Jahre später soll die GMA mit einer neuen Studie die Notwendigkeit für ein Einkaufszentrum auf dem Ulrich-Areal darstellen. Das dürfte angesichts der eigenen ersten Studie schwierig werden, wenn man nicht seinen Ruf in der Branche gefährden will.

BildJetzt wird deshalb vor allem der Begriff "zentraler Versorgungsbereich" genutzt.

Frau Kollmar von der GMA argumentierte 2016 in der Stadthalle: Städtebaulich müsse der zentrale Versorgungsbereich geschützt werden. Diesen Schutz-Bereich sah sie auf dem Ulrich-Areal. Auf dem Gelände befindet sich zur Zeit jedoch keine schützenswerte Versorgung. Der Rewe-Supermarkt am Stellbergsweg ist bereits im Flächennutzungsplan als Sondergebiet Lebensmittelmarkt ausgewiesen und somit gesichert.

Zentraler Versorgungsbereich
Das Bundesverwaltungsgericht hat den Begriff so formuliert:

"Zentrale Versorgungsbereiche sind räumlich abgrenzbare Bereiche einer Gemeinde, denen auf Grund vorhandener Einzelhandelsnutzungen eine Versorgungsfunktion über den unmittelbaren Nahbereich hinaus zukommt. Sie können sich sowohl aus planerischen Festlegungen als auch aus den tatsächlichen Verhältnissen ergeben. "
Quelle: BVerwG, Urteil vom 11.10.2007 – 4 C 7.07 [ECLI:DE:BVerwG:2007:111007U4C7.07.0]

"Ein Vorhaben lässt schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche einer Standortgemeinde jedenfalls dann erwarten, wenn es deren Funktionsfähigkeit so nachhaltig stört, dass sie ihren Versorgungsauftrag generell oder hinsichtlich einzelner Branchen nicht mehr substantiell wahrnehmen können."

Das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) veranstaltete bereits 2007 ein Brennpunkt-Seminar zum Thema „Lebensmitteleinzelhandel an falschen Standorten? Muss nicht sein!  Zum Einsatz von Zentrenkonzepten und Planungsrecht“. Deren Definition voan zentralen Versorgungsbereichen lautet:

"Zentrale Versorgungsbereiche sind nach der Rechtsprechung räumlich abgrenzbare Bereiche einer Gemeinde, denen aufgrund vorhandener Einzelhandelsnutzung – häufig ergänzt durch diverse Dienstleistungen und gastronomische Angebote – eine bestimmte Versorgungsfunktion für die Gemeinde zukommt."

"Diese Bereiche haben aufgrund ihrer Verkehrserschließung und –anbindung die Funktion eines Zentrums mit einem bestimmten Einzugsbereich und einem darauf abgestimmten Spektrum an Waren des kurz-, mittel- oder langfristigen Bedarfs."

"…um die Gewährleistung einer tragfähigen und gerechten Versorgungsstruktur für die Bevölkerung, und zwar auch für diejenigen Teile der Bevölkerung, die auf privat genutzte PKWs – aus welchen Gründen auch immer – verzichten müssen."

Auch Fußgänger müssen die Chance haben, in der Nähe für den täglichen Bedarf einkaufen zu können. Das Auto ist nicht das Maß aller Dinge.

Aussagen der GMA-Studie sind rechtlich nicht haltbar
Die Ausführungen in der GMA-Studie zum Einzelhandel in Homberg entsprechen nicht der aktuellen Rechtsprechung. Deren Definition von "zentralem Versorgungsbereich" kann einer juristischen Prüfung nicht standhalten.

Homberger Stadtverordnete stimmten mehrheitlich für Einzelhandel im Osterbach-Gebiet
In der Rechtsprechung sind planungsrechtlich ausgewiesene Sondergebiete für den Handel "zentrale Versorgungsbereiche", denn das ist der Zweck der Ausweisung als Sondergebiet.

Homberg hat verschiedene Sondergebiete für den Handel ausgewiesen. Dies haben die Stadtverordneten selbst beschlossen. Viele von ihnen haben noch heute einen Sitz in der Stavo.

Im Osterbach sind vier Sondergebiete für den Handel ausgewiesen, damit habe die Stadtverordneten diesen Bereich als einen zentralen Versorgungsbereich festgelegt. Es ist kein dezentraler Standort, wie die GMA in Abgrenzung zum Ulrich-Areal schreibt.

Sondergebiet Lebensmittel in der Hersfelder Straße beschlossen
Das letzte Sondergebiet im Osterbach (Lidl) wurde vor sechs Jahren am 28. Mai 2009 von der Stavo "bei 37 anwesenden Stadtverordneten [mit] 33 Ja-Stimmen und 4 Nein-Stimmen beschlossen.

Im Protokoll ist vermerkt:

"Herr Fraktionsvorsitzender Bölling teilt mit, dass seine Fraktion keine Erweiterung von Ladenflächen am Rande der Stadt haben möchte und deshalb die Aufstellung des Bebauungsplanes ablehnen wird."

Bei vier Nein-Stimmen muss noch eine Stimme außerhalb der drei Stimmen der Grünen dagegen gestimmt haben.

Von den Stadtverordneten, die 2009 mitstimmten, sind heute noch in der Stavo:

Axel Becker, Klaus Bölling, Peter Dewald, Uwe Eisenhuth, Ulrich Fröhlich-Abrecht, Stefan Gerlach, Hilmar Höse, Joachim Jerosch, Holger Jütte, Edith Köhler, Wolfgang Knorr, Rainer Krannich, Nadine Potstawa, Delf Schnappauf, Claudia Ulrich, Wilfried Vaupel.

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