HOMBERGER HINGUCKER MAGAZIN

2008 – 2021 Informationen zur Kommunalpolitik in der Kreisstadt Homberg (Efze) – ab 2021 HOMBERGER HINGUCKER MAGAZIN

Bürgerinitiative: Was führte zum Erfolg?


 Foto: Blick auf das Hanggrundstück im Außenbereich
  

Warum gründete sich die Bürgerinitiative?

In den letzten Jahren haben sich Bürger in dem Gebiet Adam-Krafft-Weg und Schmückebergsweg zu einer Bürgerinitiativen organisiert. Ziel war es, eine Bebauung von Grünland im Außenbereich an einem steilen Hanggrundstück zu verhindern. Die Bürgerinitiative war nach einem längeren Kampf erfolgreich. In einem Gespräch mit dem Sprecher der Bürgerinitiative wurden die Faktoren sichtbar, die notwendig waren, um den Erfolg zu erzielen.
 

Was sind Bürgerinitiativen?

Bürgerinitiativen sind Selbsthilfeorganisationen, die dann entstehen – wie in diesem Fall in Homberg – wenn sich Parteien nicht für die Interessen der Bürger einsetzen. Bürgerinitiativen entstehen aus einem konkreten Anlass.
Die Politik wird in starkem Maßen von Lobbyorganisationen unter Druck gesetzt, die über diesen Weg ihre Interessen durchsetzen. Lobbyorganisationen sind finanziell gut aufgestellt und verfügen über zahlreiches Personal, so dass sie die Medien und Kontakte zu Politikern intensiv nutzen können. Bürgerinitiativen haben diese Vorteile nicht.
 

Der Sachverhalt

Eine Hang unterhalb des Wohngebietes geht über in die Auenlandschaft der Efze. Dieser Hang war 2009 noch als landwirtschaftliche Fläche ausgewiesen.

Nach der Überarbeitung des gesamtstädtischen Flächennutzungsplan war dieses Flurstück plötzlich zu Wohngebiet umgewandelt worden, ohne dass es dazu ein Verfahren gab. Bei der Überarbeitung des Flächennutzungsplans wurde sogar noch ausführlich begründet, dass bisher zu viele Wohnbauflächen ausgewiesen waren, für die kein Bedarf besteht. Zahlreiche Wohnbauflächen wurden deshalb aufgehoben.

Doch dieses Hanggrundstück wurde in dem Planungsverfahren nie erwähnt. Trotzdem wurde es – entgegen dem Ziel des Flächennutzungsplans – zur Wohnbaufläche erklärt. Als für dieses Grundstück ein Bebauungsplanverfahren eingeleitet war, wurden die Anlieger aktiv. Sie deckten die dubiose Änderung im Flächennutzungsplan auf. Im Laufe ihrer Arbeit erforschte sie die Vorgeschichte des Gebietes einschließlich der geologischen Probleme.
 

Hilfreiche Faktoren

Nachbarn informieren

Als die ersten Informationen über die Baupläne bekannt wurden, beließen es die Anwohner nicht dabei, sich nur zu erregen. Sie wurden tätig und organisierten Gespräche mit den Anwohnern. Die Nachbarn konnten sich so ausführlich über den jeweils bekannten Stand der Planung informieren.

Bürgerinitiative gründen

Die Anwohner ließen sich nicht irritieren und beschwichtigen, sondern gründeten schon früh eine Bürgerinitiative. Das heißt, sie schufen organisatorischen Voraussetzungen. Sie verständigten sie darauf, wer nach außen als Sprecher auftritt. Sie berücksichtigten, welche Kosten entstehen können und wie sie gemeinsam getragen werden können.

Gesicht zeigen

Wenigstens Eine oder Einer muss bereit sein, für die Initiative in den Öffentlichkeit seinen Namen zu nennen, sein Gesicht zu zeigen. Viele Menschen scheuen sich davor, gerade in einer Kleinstadt. Sie sind gerne bereit, im Hintergrund mitzuarbeiten, oder sich finanziell zu beteiligen, aber sie wollen nicht erkannt werden. Doch ohne diesen Schritt in die Öffentlichkeit geht es nicht. Es gilt noch immer der Satz: "Sich wehren bringt Ehren."

  
Zu einem Teil ist die Furcht verständlich, denn auch bei dieser erfolgreichen Initiative mussten Mitglieder und Angehörige erleben, mit welchen Mitteln die andere Interessenseite versuchte, die Aktiven zu schädigen. Wirklich skurrile Schritte ließ sich die Gegenseite einfallen. Zum Glück ließen die Menschen sich nicht einschüchtern. Leichter fällt es oft denen, die nicht über viele Jahre mit der städtischen Gesellschaft verwachsen sind. Wer von außen kommt, hat auch eher einen geschärften Blick für die Sonderheiten der Beziehungen im Ort.
 

Der Weg in die Öffentlichkeit

Besuch der Sitzungen der Ausschüsse und der Stadtverordnetenversammlung

Zahlreiche Mitglieder der Bürgerinitiative gingen gemeinsam zu den öffentlichen Sitzungen der Ausschüsse und zu der Stadtverordnetenversammlung. Sie bekamen Informationen aus erster Hand und erlebten das Auftreten der Gegenseite und der Stadtverordneten. Als Zuhörer bekamen sie mit, auf welchem Niveau zum Teil diskutiert oder einfach ignoriert wurde.

Allein schon ein zahlreicher Besuch der Sitzungen ist eine gewichtige Demonstration. Es zeigt den Bürgervertretern aus den Parteien und dem Magistrat, dass ihnen auf die Finger geschaut wird. Sie signalisiert ihnen, dass sie mit Gegenwehr zu rechnen haben. Einer Gegenwehr, die nicht nur Unmut ausdrückt, sondern die inhaltlich gut vorbereitet ist, die genau hinhört und Manipulationsversuche erkennt

Eigene Protokolle.
Hilfreich waren die eigenen Protokolle, die einige über die  öffentlichen Sitzungen schrieben. Die offiziellen Sitzungsprotokolle sind oftmals so inhaltsleer, dass sie letztlich unbrauchbar sind und das wohl auch sollen. Wer will sich schon in die Karten schauen lassen?

Gemeinsam ist man stärker: Informationen beschaffen und prüfen
Bürgergruppen haben auch größere Chance, dass Anforderungen von Informationen nachgekommen wird. Aber selbst wenn angeforderte Informationen gegeben werden, ist nicht gewährleistet, dass sie vollständig und richtig sind. Die. Bürger müssen sich immer auch aus anderen Quellen Informationen beschaffen und sich in den einzelnen Sachgebieten kundig machen. Oftmals reicht schon der sogenannte gesunde Menschenverstand, um zu erkennen, dass die vorgelegten Informationen nicht plausibel sind. Das alles gehört zu einem politischen Lernprozess, den keine Schule bietet, nur die Praxis.

Fachanwälte hinzuziehen und gemeinsam finanzieren

Die Bürger hatten schon frühzeitig erkannt, dass sie mit Protest allein nichts erreichen. Sie suchten sich Fachanwälte außerhalb der Region, um zu verhindern, dass es mögliche Abhängigkeiten und Rücksichtnahmen gibt. Aber auch bei der Unterstützung von Fachanwälten gibt es Unterschiede. Es gibt zaghafte und es gibt kämpferische, die sich wirklich für die Bürger einsetzen. Anwälte erhalten auch Mandate von Verwaltungen, dass kann dazu führen, dass sie mehr Verständnis für die Gegenseite als für die Bürger aufbringen.
Die Anwaltskosten finanzierten die Bürger gemeinsam.

Ohne Öffentlichkeit geht es nicht

Nur wenn es gelingt, die Öffentlichkeit zu informieren, besteht die Chance, etwas zu erreichen. Die Angst, in der Öffentlichkeit Ansehen zu verlieren, führt am ehesten dazu, dass sich in der Politik etwas verändert. Das gilt noch stärker auf der kommunalen Ebene.

Wer die Öffentlichkeit gewinnen will, muss informieren. Auf die lokale Presse zu vertrauen, ist nicht ratsam. Auf diesem Weg gelangen nur Schlagworte und einzelne Statements in die Öffentlichkeit.
Für ausführliche Hintergrundinformationen zur Sache und über die beteiligten Interessenten müssen andere Wege gesucht werden.

Die Bürgerinitiative Schmückebergsweg/Adam-Krafft-Weg entschied sich in dem offiziellen Bekanntmachungsorgan „Homberg aktuell“ Anzeigen zu schalten. Das kostete natürlich. Selbst auf diesem Weg mussten sie Einschränkungen durch die Redaktion hinnehmen.

Der Homberger Hingucker war ein Medium, über das Hintergründe und Zusammenhänge dargestellt werden konnten.

Siehe dazu die Links zu über 20 Beiträgen in der Dokumentation.
 

Die Erfolge der Bürgerinitiative

Der Bebauungsplan für die Wohnbebauung auf dem Außengelände wurde verhindert. Der Aufstellungsbeschluss für den Plan wurde aufgehoben. Im gültigen Flächennutzungsplan ist das Gebiet aber immer noch als Wohngebiet ausgewiesen.

Die aktiven Bürger haben gelernt, dass sie gemeinsam und gut organisiert etwas erreichen können. Sie haben Einblicke erhalten, wie die Kommunalpolitik in Homberg betrieben wird und sie wissen, dass sie weiter wachsam bleiben müssen, schließlich ist der Flächennutzungsplan in dem Punkt noch nicht geändert. Es besteht die Gefahr, dass der Grundstückseigentümer bei entsprechend neuen politischen Konstellationen wieder versuchen wird, das Grundstück zu Geld zu machen.

Über den konkreten Anlass hinaus haben die Bürger Erfahrungen gesammelt. Sie wissen jetzt, dass es nicht reicht, den Worten der politischen Vertreter ungeprüft Glauben zu schenken. Sie wissen jetzt, dass Sie auch mit Tricks und Täuschungen zu rechnen haben. Sie wissen aber auch, dass sie ihre Kontakte untereinander schnell wieder aufleben lassen und schlagkräftig reagieren können.
Für Homberg insgesamt ist es ein Zeichen, dass Bürger nicht hilflos und wehrlos sind, sofern sie sich zusammenschließen und gemeinsam vorgehen.
Sich wehren bringt Ehren.

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  DOKUMENTATION  

Links zu den Beiträgen zum Thema der Bürgerinitiative

 

Nachspiel Bauleitplanung Schmückebergsweg

Merkwürdige Aktion zur Planung am Schmückebergsweg

Wie groß kann der Bau unter dem Schmückebergsweg werden?

Aufruf der Bürgerinitiative

Trickserei mit Bebauungsplan

So sehen zwei Vollgeschosse am Hang aus

Stadtverordnete haben zu entscheiden: Planung zum Nutzen für die Stadt oder zum Nutzen für Spekulanten

Willkür- oder Gefälligkeitsplanungen sind verboten

Altrichter äußert sich zu seinem Bauplan auf Facebook

Planungsbüros: Die willigen Helfer

Eiertanz ums faule Ei

Ohne Worte

Keine neuen Baugebiete im Außenbereich

Altrichter-Projekt: Nachgerechnet

Wende beim Altrichter Projekt

Bürgerkontrolle: Wenn die Stadtverordneten nicht mehr kontrollieren

Zahlreiche Besucher im Bauausschuss

Da war doch was mit Insekten?

Neuer Service: Alle Bebauungspläne online

Neues Baugebiet am Hang: Stadt zugunsten des Eigentümers belastet

Neues Baugebiet am Hang?

 


1879 – Vor 140 Jahren: Homberg wird verkehrsmäßig und militärisch vernetzt

Foto: Der Homberger Bahnhof um 1900 mit den Pferdedroschken. Von Thomas Schattner Am 16. April 1879 öffnete sich für die Stadt Homberg das Tor zur weiten Welt. An diesem Tag wurde der Homberger Bahnhof als Teil der Berlin-Coblenzer-Eisenbahn (BCE) in Betrieb genommen. Damit verband er beiläufig die Reichshauptstadt des Deutschen Kaiserreichs mit dem Deutschen Eck […]

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