HOMBERGER HINGUCKER MAGAZIN

2008 – 2021 Informationen zur Kommunalpolitik in der Kreisstadt Homberg (Efze) – ab 2021 HOMBERGER HINGUCKER MAGAZIN

Hoher Besuch in Homberg – 1926 –

 

Sommer 1926: Zwei ehemalige Reichskanzler der Republik von Weimar
vor 95 Jahren im Kreisgebiet

Von Thomas Schattner

 

 

Homberg und Holzhausen erhielten im Sommer 1926 hohen Besuch. Zwei ehemalige Reichskanzler der Republik von Weimar waren aus unterschiedlichen Gründen unterwegs im Kreisgebiet. Philipp Scheidemann besuchte Holzhausen und Gustav Stresemann war in Homberg zu Gast.

Der Sozialdemokrat Philipp Scheidemann rief am 9. November 1918 vom Balkon des Reichstagsgebäudes in Berlin die Republik von Weimar aus. Wohl auch deshalb wurde er am 13. Februar 1919 zum Reichskanzler ernannt. Aufgrund seiner Ablehnung des Versailler Vertrages trat er am 20. Juni 1919 von seinem Amt zurück. Vom gleichen Jahr an bis 1925 war er der Oberbürgermeister der Stadt Kassel.

Dr. Gustav Stresemann, Parteivorsitzender der DVP (Deutsche Volkspartei), war vom 13. August 1923 bis zum 30. November 1923 Reichskanzler der Republik von Weimar. Gleichzeitig füllte er das Amt des Außenministers aus, für das er am 10. Dezember 1926, also nur wenig später nach seinem Besuch in Homberg zusammen mit dem französischen Außenminister Briand wegen ihrer Politik der „Aussöhnung“ zwischen beiden Ländern den Friedensnobelpreis erhielt.

Philipp Scheidemann kam am Mittwoch, dem 2. Juni 1926, um 19.30 Uhr nach Holzhausen in den Lauterbach´schen Saal. Somit kehrte er nach sechs zurück in die Kreisstadt. Denn bereits 1920 war er im Walter´schen bei einer SPD-Veranstaltung der Hauptredner gewesen. Den Anlass der sozialdemokratischen Versammlung 1926 lieferte der Volksentscheid über die Enteignung der Fürstenvermögen, der am 20. Juni scheitern sollte. Dennoch erregte der Auftritt des Reichstagsabgeordneten noch Tage später die Gemüter. Am 19. Juni erschien eine große Anzeige im Homberger Kreisblatt unter der Überschrift „Zur Weiterverbreitung“. Darin wurde behauptet, dass Scheidemann in Holzhausen behauptet hat, „[…] im Weltkrieg sei kein Mitglied der fürstlichen Familien verwundet oder gefallen, weil sie sich gedrückt hätten. Er wolle demjenigen einen Taler geben, der ihm einen gefallenen Fürsten nahmhaft [sic!] machen könne […]“. Der anonyme Einsender führte anschließend eine Liste mit 49 adligen Namen auf, die ihr Leben im Ersten Weltkrieg gelassen haben sollen. Hier wurden Erbprinzen, Prinzen, Fürsten, Erbgrafen und Grafen aufgeführt, aber auch eine Prinzessin. Die Anzeige endet mit dem Aufruf: „Scheidemann hat also 49 Taler zu bezahlen! Verdient sie Euch!“

Scheidemann trat noch mehrfach im Kreisgebiet bei Wahlkämpfen auf, zum Beispiel am 15. Mai 1928 in Homberg.

Der Reichsaußenminister Stresemann verbrachte Teile des Sommers 1926 – wie auch in anderen Jahren – als Kurgast in Bad Wildungen. Dabei unternahm er auch Ausflüge in die Umgebung, so am 1. August zum Schwalmfest in Treysa. Diese Fahrt nutzte er auch für einen kurzen Aufenthalt in Homberg. „Mit den Herren seiner Begleitung verließ er in der Casseler Straße das Auto und ging zu Fuß durch die Westheimer Straße zur Stadtkirche. Mit großem Interesse betrachtete Dr. Stresemann die schönen alten Fachwerkbauten und besichtigte eingehend unser Gotteshaus“, so das Kreisblatt. „Nach Einnahme des Mittagessens im Hessischen Hof, wurde die Fahrt nach Treysa fortgesetzt“.

 

Quellenverzeichnis:

Homberger Kreisblatt vom 20. Dezember 1920, vom 1. Juni 1926, vom 19. Juni 1926, vom 3. August 1926, vom 9. Mai 1928 und vom 2. August 1929.

Zu der Abbildung:

Es gibt leider keine Fotografien von den Auftritten der beiden in HR und in Holzhausen.
Stresemann war aber öfters in Wildungen. Das angefügte Bild vom Juli 1927 müsste im Kurpark aufgenommen worden sein.
Das Foto befinden sich im Stadtarchiv Bad Wildungen.


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