Stele der Toleranz soll jetzt ein Mahnmal fĂŒr NS-Opfer sein
Am 26. November 2024 berichtete die Hessenschau über die Stele der Toleranz, die am 10. Juli 2024 in Homberg von den Honoratioren der Stadt eingeweiht wurde, mit einem Text, der vorher nicht bekannt war. Der Text bezieht sich auf nur eine Familie von den zahlreichen anderen in Homberg, die in der NS-Zeit ermordet wurden.
Die Initiatoren nennen es jetzt ein Mahnmal für NS-Opfer und fragen in dem Text "Wie konnte das passieren?" Sie tun so, als gäbe es darauf keine Antwort.
Der Text appelliert: "Stärke dein Immunsystem". Eine Geschichtsverfälschung besonderer Art.
Die Stele ist jetzt Eigentum der Stadt Homberg.
Die Anfrage und der Beschluss
Im Februar 2024 bat der Initiator der Stele der Toleranz, die Stadtverordneten mögen die Aufstellung auf städtischem Grund genehmigen und in ihr Eigenturm und Pflege zu übernehmen. Weder in dem Antrag, der den Stadtverordneten vorgelegt wurde, noch in der einseitigen Projektbeschreibung ging es um ein Mahnmal.
Mit keinem Wort wurde auf die 34 verfolgten und ermordeten jüdischen Bürgern der Stadt hingewiesen, für die bereits 2003 Stolpersteine verlegt wurden. Nun sollte für das Ehepaar Höxter eine besondere Erinnerung in Form der Stele der Toleranz entstehen. Warum gerade für diese Kaufmannsfamilie, warum nicht für sechs Kinder oder für die anderen jüdischen Mitbürger?
Die Stadtverordneten stimmten der Stele der Toleranz zu – warum auch gegen Toleranz stimmen?
Beschluss 1.
Der Aufstellung eines Denkmals „Stele der Toleranz" auf dem städtischen Grundstück in der Ziegenhainer Straße vor dem Gebäude der Kreissparkasse wird zugestimmt.Abstimmungsergebnis:
Anwesend: 33 | Ja-Stimmen: 32 | Enthaltungen: 1 |Beschluss: 2.
Darüber hinaus übernimmt die Stadt auch das Denkmal „Stele der Toleranz" in ihr Eigentum, um insgesamt die zukünftige Pflege der städtischen Fläche und die Pflege und Instandhaltung des Denkmals sicherzustellen.Abstimmungsergebnis:
Anwesend: 33 | Ja-Stimmen: 17 | Nein-Stimmen: 1 | Enthaltungen: 15 |[Beschlossen am 08.02.2024 ] Quelle
Diese Genehmigung wurde von dem Initiator und dem hinter ihm stehenden Lions Club missbraucht. In das rote Sicherheitsglas wurde ein Text eingefügt, der vorher nicht erwähnt und vorgestellt wurde. Auch in der Projekterläuterung, die den Stadtverordneten vorgelegt wurde, stand dieser Text nicht.
Was jetzt in Augenhöhe auf der Stele zu lesen ist, zeugt von Unkenntnis der Geschichte und der Vorgänge in Homberg in dieser Zeit. Stattdessen wird die Geschichte verfälscht dargestellt.
Die Metaphern in dem Text werden dem Anliegen der Erinnerung nicht gerecht.
Die Einfügung des Textes in die Stele geschah ohne Kenntnis derer, die die Stele eingeweiht hatten.
Der Vorsitzende des Vereins Stele der Toleranz wurde vor der Einweihung befragt, ob er den Text kenne und billige. Er antwortete nicht.
So entstand der Eindruck, dass er und die andern Anwesenden diesen Text billigten.
Der Hessische Rundfunk hat den Text der Direktorin des Arolser Archivs für NS-Opfer, Frau Floriane Azoulay vorgelegt. Ihre Aussage:
„weil man dann tatsächlich fast unterstreicht, dass man damals nichts machen konnte, man hat fast eine Täter-Opfer Umkehrung, werden alle fast zu Opfern von diesem historischem Ereignis.“
Seit 2003 erinnern Stolpersteine
Der Initiator Peter Captain möchte an die ehemaligen Inhaber des Kaufhauses erinnern und hält das Buch "Das waren doch unsere Nachbarn! – Zur Geschichte der Homberger Kaufmannsfamilie Höxter" in der Hand, das bereits 2012 mit breiter Unterstützung regionaler Institutionen erschienen war.
Nicht nur mit diesem Buch wird an die Familie Höxter erinnert, schon 2003 wurden für diese ehemaligen jüdischen Mitbürger Stolpersteine verlegt. Sie sind im Pflaster auf der gegenüberliegenden Seite zu finden.
Mehrere Jahre lang wurden am 9. November von Kirchen, Schulen und dem Magistrat Veranstaltungen zu den Ereignissen 1938 organisiert.
Jetzt wurde die aktiv gestalteten Erinnerungen durch ein 30.000 Euro teures Objekt ersetzt.