HOMBERGER HINGUCKER MAGAZIN

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Ablasshandel modern: Homberg wirbt für Spenden über eine Privatfirma

Baumurkunde von Travel & Plant"Sobald das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt."
oder:
"aus dem Fegefeuer springt"

  
Dieser Werbeslogan brachte im Spätmittelalter viel Geld in die Kasse des Papstes, der damit auch den Weiterbau des Petersdoms finanzierte. Ein Teil des Geldes blieb auch bei den Fürsten in Deutschland.

Grundlage des Geschäftes war Angst: die Angst vor dem Tod, vor Hölle und Fegefeuer. Die Angst war im Mittelalter allgegenwärtig.

Luther kritisierte diese Praxis und nannte es Betrug. Es folgten die 95 Thesen, die die Reformation einleiteten.

Abbildung: Baumurkunde von Travel&Plant

 

Modernisierter Ablasshandel

In Homberg heißt der moderne Ablasshandel: Die Mindestspende beträgt fünf Bäume, die gibt es für 9,45 Euro – dann kannst Du mit gutem Gewissen in den Urlaub fliegen.

Billiger kommt man nicht zu einem guten Gewissen. Ein Urlaubsflug verbraucht das ganze Kontingent eines Jahres,  das eine Person rechnerisch an Verschmutzungsrecht nutzen könnte. Nur bei der Einhaltung könnte das Klimaziel erreicht werden, das in Paris von den Regierungen vertraglich unterschrieben wurde. Mit einer kleinen Spende ist es nicht getan.

 

Zusammenarbeit von Homberg mit Travel&Plant aus Gudensberg

Intensiv wirbt die Stadt bei den Bürgern, sie mögen Spenden an das Privatunternehmen Travel&Plant einzahlen, damit die Stadt Bäume pflanzen kann.

Travel&Plant ist ein "Unternehmen zur Vermittlung, Organisation, Bepflanzung und zum Schutz weltweit nachhaltiger Aufforstungsprojekte" in Gudensberg.

Nicht nur der Ablasshandel ist dubios, auch der Weg des Spendengeldes.
15 Prozent der Spende erhält die Firma Travel&Plant als "Provision für administrative Arbeiten (15% plus Umsatzsteuer)". Der Spender erhält für seine Spende keine Spendenbescheinigung, die er bei seiner Einkommensteuer absetzen kann, nur eine Baumurkunde.

Travel&Plant gibt an, diese Spenden an Organisationen weiter zu geben, die zertifiziert sind und steuermindernde Spenden-bescheinigungen ausgeben dürfen. Eine der Empfänger-Organisationen erhält dann die Spende von  Travel&Plant, dafür erhält Travel&Plant die steuermindernde Spendenbescheinigung.

Dagegen würde eine Spende an die Stadt oder an Hessenforst zu 100 Prozent der Aufforstung zu Gute kommen. Warum wirbt die Stadt nicht auf diese direkte Weise?

  
Ökologische Partner ?

Die zertifizierten Spendenempfänger werden als Ökologische Partner auf der Webseite von Travel & Plant aufgeführt. An erster Stelle ist World Vision genannt. Auf Anfrage bei World Vision antwortete diese, dass die Zusammenarbeit mit Travel & Plant zum Jahresende 2021 eingestellt wurde. Sie baten auch, ihr Logo zu entfernen. Es steht auch heute, am 25. Februar 2022, noch auf der Webseite. Von den anderen aufgeführten Organisationen war zu hören, dass sie noch nie Spendengelder von Travel & Plant erhalten haben. Andere antworteten gar nicht oder vermieden eine Aussage.

 

400.000 Euro Forstrücklage wurde 2014 aufgelöst

Die Stadt ist Eigentümer des städtischen Waldes, er wird in der Stadt als Wirtschaftsbetrieb geführt, bei dem Einnahmen und Ausgaben verrechnet werden. Wie andere Wirtschaftsbetriebe hatte die Stadt auch Rücklagen aus dem Waldbetrieb gebildet, damit daraus die Wiederaufforstung aus dem Holzverkauf bezahlt werden kann. Im ersten Amtsjahr (2014)  löste Bürgermeister Dr. Nico Ritz  die Forstrücklage in Höhe von 400.000 Euro auf. Das Geld floss in den städtischen Haushalt, aus dem jetzt auch die Aufforstung zu finanzieren ist.
  

Wirtschaftsbetrieb Stadtwald

Im Haushaltsplan der Stadt für 2022 sind als Erlöse aus dem Holzverkauf aus dem Stadtwald 278.000 Euro eingeplant, ein so hoher Betrag ist ungewöhnlich, in 2021 wurde 252.000 Euro erwartet während in 2020 nur knapp 52.000 Euro Einnahmen erzielt werden konnten. Ob die Erlöse aus dem Holzverkauf wirklich realistisch sind, denn es ist überall viel Schadholz vorhanden? Die Bürgerspenden sollen der Stadt beim Wiederaufforsten helfen.

Die Stadt bedient sich des modernen Ablasshandels, um seinen Wirtschaftsbetrieb Stadtwald zu finanzieren.

 

Was hätte wohl Luther zu dieser modernen Form des Ablasshandels gesagt? Was sagen die Juristen dazu? Zum Beispiel die Juristen in den Aufsichtsbehörden?


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