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Begünstigungen durch die Stadt

  

Die Stadt hatte ein Grundstück in der Freiheiter Straße gekauft, mit der Absicht es jetzt an den Kirchenkreis zu verkaufen.

Bei diesem Grundstücks- und Planungsgeschäft sind die Beschlussvorlagen so schlampig verfasst, dass es als Unvermögen bezeichnet werden könnte. Oder ist es eine gezielte, verdeckte Begünstigung, die nicht bemerkt werden soll?

Wozu gibt es im Rathaus eigentlich zwei Volljuristen?

 

 

 

Begünstigung: Kaufnebenkosten übernommen

Die Stadt will das Grundstück zum "Einstandspreis [1]" von  109.475 EUR an den Kirchenkreis weiter verkaufen. Bei jedem Grundstückverkauf fallen Kaufnebenkosten in Höhe von ca. 10 Prozent des Kaufpreises an, also 10.947 Euro. Diese Kosten werden nicht an den Käufer weitergegeben, sondern belasten die Stadt. Der Kirchenkreis wird begünstigt.
  

Begünstigung: Preisnachlass gewährt

Der Kirchenkreis erhält als weitere Vergünstigung einen Preisnachlass in Höhe von 60.000 Euro. Dieser Nachlass ist an die Bedingung geknüpft: Die Kirche hat einen Gebäudeteil, der unter Denkmalschutz steht, nachhaltig zu sanieren. In welchem Zeitraum sie investieren muss und wie das geprüft wird, ist nicht im Beschlussvorschlag festgelegt. Die Kirche erhält trotzdem schon jetzt einmal 60.000 Euro. Warum wird die Vergünstigung nicht so formuliert, dass die Kirche die 60.000 Euro erhält, nachdem sie die Sanierung nachgewiesen hat? Mit dem Beschlussvorschlag erhält die Kirche diesen hohen Preisnachlass ohne weitere Regelung. Was im Kaufvertrag steht, ist unbekannt.  Die Kirche kann die Sanierung auf Jahre und Jahrzehnte hinausschieben. Gründe wird sie dafür leicht vorbringen können. Vor allem jetzt, wo mit Einnahmeverlusten von bis 30 Prozent für die Landeskirche gerechnet wird, wo auch nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Kirche bisher wahrgenommene Aufgaben ganz einstellt. In einer solchen Situation ist kaum zu erwarten, dass die Sanierung der Scheune Vorrang hat. Letztlich ist es ein Begünstigung ohne rechtsverbindliche Verpflichtung.

Von dem Verkaufspreis von von 109.475 Euro gehen die 60.000 Euro und die 10.947 Euro ab, bleiben der Stadt nur die Einnahmen von 38.528 Euro. Der Verlust für die Stadt ist also 70.947 Euro.

Begünstigung: Grundstück frei geräumt

Die Stadt hat auf dem Grundstück nach dem Kauf Bäume und Büsche abgeräumt. Ebenfalls ein geldwerter Vorteil für die Kirche.
 

Begünstigung: Planungskosten auf die Stadt verlagert

Auf dem Grundstück ist der Bau des Kreiskirchenamtes vorgesehen, wie von Anfang an erklärt. In diesem Fall hätte die Stadt einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan verlangen müssen. Die Planungskosten hätte dann die Kirche als Träger des Vorhabens zu tragen. Jetzt übernimmt die Stadt die Planungskosten. 
Mit einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan wird ein befristetes Planungsrecht für das geplante Vorhaben geschaffen. Wird die Frist nicht eingehalten, verfällt das Planungsrecht und die Stadt kann anderweitig über das Gebiet entscheiden. Diese Chance vergibt die Stadt.
Mit der Ausweisung als Mischgebiet kann die Kirche das Grundstück auch unbebaut lassen, weil sie zum Beispiel nach den finanziellen Corona-Folgen den Bau vertagt, und wichtigere Aufgaben vorrangig wahrnehmen muss. Die Kirche könnte das billig erworbene Grundstück dann auch wieder verkaufen oder eine Wohnbebauung darauf errichten. Die Stadt hätte dann keinen Einfluss mehr darauf.

In dem Gebiet liegt der aktuelle Bodenrichtwert bei 70 Euro/qm. Bei der Grundstücksgröße von 2.376 qm ergibt das einen Grundstückswert von 166.320 Euro. Nach Abzug des reduzierten Kaufpreises von 38.528 Euro bliebe eine Einnahme von 127.792 Euro, wenn die Kirche das Grundstück wieder verkaufen würde.

Die hochverschuldete Stadt Homberg begünstigt wie schon vorher immer wieder einzelne Personen oder Unternehmen zu Lasten der Stadt. Die Kirche hätte das Grundstück vom Voreigentümer selbst kaufen können. Da die Stadt die Kaufnebenkosten übernommen hat, wäre der Kauf über die Stadt ein gutes Geschäft.
  

Offenlegung der Planung in der Corona-Zeit

Die Änderung des Bebauungsplans lag vom 9. März bis zum 9. April entsprechend der Gesetzeslage öffentlich im Rathaus zur Einsicht aus. Die Hälfte der Zeit war das Rathaus aber für die Bürger geschlossen. Die vorgeschriebene Offenlegung fand somit nicht richtig statt. Die Kanzlei GSK Stockmann [2] veröffentlichte zu dem Thema einen Aufsatz. In der Zusammenfassung kommt sie zu dem Schluss:

"Fehler bei der Offenlegung führen grundsätzlich
zur Unwirksamkeit des Bauleitplans." Quelle [3]

Sie empfehlen deshalb die Offenlegung zu wiederholen.
  

Auch die Kirche kann Schaden nehmen

Für die Kirche ist der Kauf finanziell lukrativ. Sie sollte allerdings auch überlegen, wie sie durch die Annahme solcher Begünstigungen, die den Bürgern der Stadt schaden, ebenso ihrem eigenen Ruf schadet. Die Glaubwürdigkeit der Kirche wird so aufs Spiel gesetzt.

 

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#1 Kommentar von Dr. Klaus Lambrecht am 2020 Mai 24 00000005 5:44 pm 159033866805So, 24 Mai 2020 17:44:28 +0100

In der Dörnbergkaserne hat man im Gegensatz zu der B-Planung in der Freiheit Flächen für den Gemeinbedarf ausgewiesen. Auf solchen Flächen dürfen nur Einrichtungen und Anlagen errichtet werden, die der  [4] dienen, beispielsweise  [5], Schulen, Kirchen, soziale oder kulturelle Gebäude und Einrichtungen.
Es besteht sogar bei der geplanten Ausweisung als Mischgebiet, dass nach § 6 Baunutzungsverordnung eine Vielzahl von Nutzungen möglich wird:
1.Wohngebäude,
2.Geschäfts- und Bürogebäude,
3.Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.sonstige Gewerbebetriebe,
5.Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.Gartenbaubetriebe,
7.Tankstellen,
8.Vergnügungsstätten im Sinne des §  [6] Abs. 3 Nr. 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.
(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des §  [6] Abs. 3 Nr. 2 außerhalb der in Absatz 2 Nr. 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

Eine Lenkung der städtebaulichen Entwicklung ist dann nicht mehr möglich. Ich befürchte den Abgeordneten sind die Folgen dieser Ausweisung gar nicht bewusst und erinnere an die Planung am Schmückebergsweg.
Es gab ja auch für das Grundstück in der Freiheit vor Jahren ebenfalls Planungen ein Mehrfamilienhaus zu errichten, was aber auf Widerstände gestoßen ist. Warum man aber im vorliegenden Fall ein Mischgebiet ausweist, kann ich nicht nachvollziehen. Gerade wenn man dort der Kirche einen Standtort ermöglichen will, dafür ist gerade die Ausweisung  Fläche für Gemeingebrauch geeignet.
Auch ich begrüße, dass das Kreiskirchenamt in Homberg bleibt, zumal die Kirche ja bereits 2018 versucht hat, das Gelände am Sandweg aus einer Insolvenz zu erwerben. Über den derzeitigen Sachstand auch vor dem Hintergrund von Corona ist nichts bekannt. Jedenfalls ist das Amt immer noch im Sandweg angesiedelt.
Auch ich habe Zweifel, ob die Offenlage in den ersten Wochen der Corona Krise zulässig ist. Gerade in dieser Zeit hatten alle Bürger andere Sorgen als die Offenlage, man hatte sich um Kinder, Kurzarbeitergeld, den Betrieb und die häusliche Organisation zu kümmern. Auf der Homepage der Stadt ist kein Download festzustellen, scheinbar haben selbst die Abgeordneten keinen Gebrauch  von der Möglichkeit der Information gemacht.

#2 Kommentar von solarfan am 2020 Mai 24 00000005 6:22 pm 159034093906So, 24 Mai 2020 18:22:19 +0100

"… Mit dem Beschlussvorschlag erhält die Kirche diesen hohen Preisnachlass ohne weitere Regelung. Was im Kaufvertrag steht, ist unbekannt. …"

Sie wissen nicht was im Kaufvertrag steht und verfassen diesen Bericht  mit schweren Anschuldigungen gegenüber allen Verantwortlichen ?

Was würde wohl Horacio Verbitsky, an dem Sie sich ja orientieren, zu so einer journalistischen Glanzleistung sagen ?