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Bestand – Beschönigung – Betrug

 Fotos: Links ursprünglicher Zustand des Fachwerkhauses Holzhäuser Straße 3,
rechts: Entwurf, Abriss des Hauses zu ca. 2/3 des Volumens und Neubau

Aus dem Bundes-Förderprogramm [1]Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur“ soll die Stadt Homberg 2,7 Millionen Euro für ein Multifunktionshaus am Marktplatz 15 erhalten.

Auswahlkriterien: "Machbarkeit und zügige Umsetzbarkeit sowie langfristige Nutzbarkeit"; "Städtebauliche Einbindung in das Wohnumfeld und baukulturelle Qualität". "Überdurchschnittliche fachliche Qualität, insbesondere hinsichtlich sozialer Integration"

 

Bestand

Auf den Grundstücken existieren keine Einrichtungen aus den Bereichen Sport, Jugend und Kultur, für die eine Sanierung in Frage käme. Dort steht nur ein leerer ehemaliger Laden.
Das Projekt Marktplatz 15 bestand bisher nur aus dem leerstehenden Laden im Erdgeschoss und dem angebauten Flachbau. Von dem Fachwerkhaus am Marktplatz 15 ist nur das Erdgeschoss und der angebaute Flachbau im Eigentum der Stadt. Nach den ursprünglichen Plänen [2] sollte das Multifunktionshaus hier untergebracht werden.
 
Im Juli 2017 hieß es in den Ausschreibungsunterlagen des Fördermittelprogramms, die Projektauswahl erfolge nach inhaltlichen Kriterien. Es gab aber dafür noch keinen Entwurf oder ein aussagekräftiges Konzept seitens der Stadt. Es gab in einer Tischvorlage des Stadtparlaments, das Schlagwort "Multifunktionshaus" und die Skizzen. Wie die Verantwortlichen des Fördermittelprogramms auf dieser Grundlage eine Auswahl treffen konnten, bleibt unverständlich.

Skizze zur Umnutzung des Ladenanbaus

Skizze: Umbau des Ladenanbaus hinter dem Gebäude Marktplatz 15 , Verfasser WAS Kassel

 

 

 

Jetzt soll dieser flache Ladenanbau  abgerissen [3] werden und durch einen kleinen Neubau ersetzt werden. (Kosten [2]: Abriss 65.000 €, kleiner Neubau 150.000 bis 250.000 €). Auf dem Grundstück Holzhäuser Straße 3 sollen weitere Räume geschaffen werden.


Erst nach der Bewilligung der Förderung wurde das benachbarte Fachwerkhaus Holzhäuser Straße 3 erworben. Auch dieses Fachwerkhaus soll zum größten Teil abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden.
 

Beschönigung

Fachwerkhäuser
"Zwei Fachwerkhäuser sollen verbunden werden" wird dem Fördermittelgeber vorgegaukelt. Der Stadt gehört aber nur die Ladenräume im Erdgeschoss des  Fachwerkhauses am Markt 15 und der rückwärtige Laden-Zweckanbau. Die Obergeschosse dieses Fachwerkhaus mit vier Wohnungen sind in Privatbesitz.

Das neu hinzugekaufte Fachwerkhaus Holzhäuser Straße 3 soll zu dreiviertel des Volumens abgerissen werden und einem Neubau weichen. Im letzten Viertel des Hauses, das angeblich erhalten werden soll, wurden schon die Fenster ausgebaut – ein erster Schritt zu Bauschäden und dann zu Totalabriss?

Neubau statt Erhalt eines Kulturdenkmals

In der "fachwerksgeprägten Altstadt" soll ein Neubau entstehen, der in der Gestaltung keine Bezüge zu der vorhandenen Formensprache hat, weder in der Gliederung, den Fenstern, der Materialauswahl und dem Maßstab. Von baukultureller Qualität zeugt der Entwurf nicht.
 

"Fehlende integrative und multifunktional Angebote im Stadtgebiet" 

Gegenüber den Fördermittelgebern erweckte die Stadt den Eindruck, es gäbe keine solchen Angebote. Das ist falsch. Im Stadtgebiet gibt es diese Angebote seit Jahren, sie wurden im Rahmen von Bundes- und Ländesförderprogrammen geschaffen. Kultur- und Begegnungszentrum "Alte Sparkasse" [4] und das Jugendzentrum "Altes Gaswerk" [5].
 

Betrug

Architektenwettbewerb

Den vom Stadtparlament beschlossenen Achitektenwettbewerb gab es nicht. Die Auftragsvergabe an ein bereits in der Stadt tätiges Architekturbüro wurde als Architekturwettbewerb [6]ausgegeben. Es gab kein Entwürfe verschiedener Verfasser, es gab kein unabhängiges Preisgericht, es gab keine Einbeziehung der Öffentlichkeit, es gab keine Ausstellung der Entwürfe, es gab keine Begründung für den von vom Bürgermeister vorgezeigten Entwurf.
Es gibt keine Verfügung über ein benachbartes Grundstück, Holzhäuser Straße 1, auf dem weitere Gebäude abgerissen werden sollten, um für das geplante Multifunktionshaus mehr Tageslicht zu ermöglichen.

90 Prozent Förderung

"Bei nachgewiesener Haushaltsnotlage der Kommune besteht die Möglichkeit, eine Erhöhung der Bundesförderung auf bis zu 90 Prozent zu erhalten." 

Homberg soll 90 Prozent der Kosten gefördert bekommen, obwohl sich die Stadt leistet, gleich im Nachbarhaus am Marktplatz  – der ehemaligen Engelapotheke –  für 2 Mio. Euro Vereine zu fördern, in denen diese Sammlungen ausstellen, bei denen die Besucherfrequenz gering sein wird.
Weitere 2 Mio. Euro werden für zwei Wohnungen im Obergeschoss ausgewiesen, für die der Bürgermeister noch keinen Fertigstellungstermin nennen kann.

Zügige Umsetzbarkeit

Der Zeitplan, der bereits im August 2018 nur mit Schwierigkeiten zu schaffen gewesen wäre, ist noch weiter zurück gefallen.

Die zügige Umsetzbarkeit ist zusätzlich gefährdet, weil widerrechtlich ein Nachbargrundstück (Holzhäuser Straße 3) im Zuge des Vorkaufsrechts erworben und in die Planung eingebunden werden soll, obwohl die rechtlichen Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind. Eine Widerspruchsverfahren des Käufers wird zu weiteren zeitlichen Verzögerungen führen.

Baukulturelle Qualität

Statt Homberg als "Fachwerk-Kleinod" zu erhalten und zu pflegen, soll Fachwerk mit fadenscheiniger Begründung und der Inszenierung des Verfalls [7], bei dem kräftig nachgeholfen wurde, zerstört werden. An der Stelle soll ein Neubau entstehen, der als Fremdkörper  erscheint, der weder in den Proportionen noch bei den Fenstern auf die Formensprache der vorhandenen historischen Bebauung eingeht. (liegende Fensterformate). Von der geforderten Baukultur keine Spur.

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#1 Kommentar von Phil Antrop am 2018 Dezember 30 00000012 9:23 pm 154620143109So, 30 Dez 2018 21:23:51 +0100

Die Verantwortlichen die hier Fördermittel freigeben sind für mich bar jeder Vernunft, abseits aller Kontrollpflichten und lassen sich leichtgläubig offensichtlich Rupfen wie eine Weihnachtsgans. DAS sind unsere Führungskräfte in den Verwaltungsebenen und die Politiker die offensichtlich nicht sehen und hören wollen. Außer wenn es um mehr Geld für sie geht. Nur so ist das Folgende zu erklären:

"Bei nachgewiesener Haushaltsnotlage der Kommune besteht die Möglichkeit, eine Erhöhung der Bundesförderung auf bis zu 90 Prozent zu erhalten." 

Bin ich auf einem anderen Planeten ? Homberg hat eine nachgewiesenen Haushaltsnotlage ?

Dazu passt:

Im Schwalm-Eder-Kreis kann kräftig investiert werden. Borken, Guxhagen, Homberg, Körle und Malsfeld gehören nicht nur zu den Kommunen, die ihr Geld in den vergangenen Jahren ganz gut beisammen gehalten haben. Sie werden dafür mit dem Investitionsprogramm der Hessenkasse des Landes belohnt.

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[9]

Auszug: "Es wird wieder mehr investiert: Dem Haushalt für das kommende Jahr haben die Stadtverordneten in Homberg mit großer Mehrheit zugestimmt."

"Eine der ge- planten Investitionen belegten sie aber mit einem Sperrvermerk…. 15 000 Euro sollten im Haushalt dafür bereitgestellt werden."

Dass es wieder möglich sei, Homberg als Kreisstadt voranzubringen, meinte auch Stefan Gerlach (SPD). „Wir haben wieder vertrauen zu einander.“ Es sei wichtig, weiter zu investieren – auch in den Stadtteilen."

HNA Print Ausgabe Fritzlar-Homberg 17. Dezember 2018

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