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Bewegende Szenen – Der Film „Barrikade“ im Burg-Theater Treysa

 

Auf Einladung des Kulturnetzwerks Schwalm-Eder „Die Landrosinen“ waren zahlreiche Menschen am Donnerstag (03.02.) ins Burgtheater in Treysa gekommen, um sich den Film „Barrikade“ von David Klammer anzuschauen. Die pandemiebedingt zulässige Teilnehmerzahl von maximal 100 wurde annähernd ausgeschöpft.

Kurze Begrüßungsworte gab es zunächst von Ulrich Wüstenhagen, stellvertretender Vorsitzender des Vereins „Schwalm ohne Autobahn“, in dessen Reihen auch die Initiative zu dieser Veranstaltung entstand. Für „Die Landrosinen“ begrüßte Delf Schnappauf (Wernswig) die Gäste. Er gab  anschließend das Wort weiter an den Filmemacher David Klammer, der die Anwesenden darauf einstimmte, was sie in den nächsten 1 ½ Stunden auf der Leinwand erwartete: Der Film verzichtet auf Kommentare des Autors oder eine Erzählung. Er zeigt vielmehr Menschen in der Interaktion mit ihrer Umwelt und lässt die gezeigten Personen und Bilder einfach nur für sich sprechen. Die Untertitel zeigen die Statements in englischer Sprache.

Die im Film beleuchtete Zeitspanne beginnt im Oktober 2019, als Klimaaktivist*innen im Dannenröder Forst Teile der geplanten Trasse der A49 besetzten und – in zum Teil schwindelerregender Höhe – Baumhäuser errichteten. 85 Hektar – die Zahl wurde inzwischen auf 89 ha korrigiert – intakten Waldes sollten für die neue Autobahn gerodet werden. Ab September 2020 begann die Polizei damit, die Baumhäuser zu räumen und die Strukturen der Aktivist*innen zu zerstören und somit die Rodungsarbeiten zu ermöglichen. Am 7. Dezember 2020 fielen, als trauriger Schlussakt der Räumung, die letzten drei stattlichen Baumriesen mitsamt den Baumhäusern in ihrer Krone den Kettensägen bzw. Baumaschinen der Forstarbeiter zum Opfer.

  
In der Öffentlichkeit, in Medienberichten und in den sozialen Netzwerken wurden die Aktivist*innen zumeist abwertend, ja oftmals geradezu als Kriminelle dargestellt. Ganz im Gegensatz dazu kommen im Film empfindsame junge Menschen zu Wort, deren Handeln von tief empfundener Sorge um unseren Planeten bzw. die Lebensgrundlagen ihrer und nachfolgender Generationen bestimmt ist. Die Palette der Aktionsformen reicht dabei von spontanen Barrikaden, Menschenketten, vergeblichen Widerständen gegen vorrückende Wasserwerfer bis hin zu zeitlichen Besetzungen von Baufahrzeugen. David Klammer hat sich mit seiner Kamera zu den Waldbesetzern gesetzt und ihnen ruhig zugehört. Sie erzählen von ihren Träumen und Ängsten. Er erlebte ihre Wut, ihre Ohnmacht, aber auch ihren Mut, sich über den Autobahnprotest hinaus für andere Lebensformen einzusetzen, die stets auch die globalen Umweltprobleme in den Blick nehmen und ihnen gerecht werden wollen.

Im Anschluss an die Vorführung beantwortete David Klammer Fragen aus den Reihen der Zuschauer*innen. Eine Reihe von Augenzeugen, die ins Burgtheater gekommen waren, berichtete über die Ereignisse im Dannenröder Wald und hatte dabei sichtlich Mühe, über ihre persönlichen Erfahrungen während der Räumung zu sprechen: Manch einer/einem von ihnen versagte zwischenzeitlich die Stimme, und viele rangen mit den Tränen. Die intensiven Szenen im Film hatten die Emotionen wieder an die Oberfläche geholt. Unter den Anwesenden, die sich zu Wort meldeten, waren auch Menschen wie Reinhard Forst (Amöneburg) sowie Christa und Wolfgang Seim (Maulbach), die sich – inzwischen offensichtlich im fortgeschrittenen Alter – nahezu ihr halbes Leben lang mit den Details der Planungen zur A49 beschäftigt und gegen das Projekt gestemmt haben.

Die Landtagsabgeordnete Heidemarie Scheuch-Paschkewitz berichtete von ihren Erlebnissen als parlamentarische Beobachterin. Sie hatte zudem einen Polizeibeamten zu der Veranstaltung eingeladen, der sie im Dannenröder Wald seitens der Einsatzkräfte begleitete. Auch er konnte den Anwesenden aus eigener Erfahrung erzählen und auf das Dilemma hinweisen, in dem sich viele Polizeibeamte während der Räumung befanden.Dem Film selber bescheinigte er absolute Wahrheitstreue, er zeige einfach nur, „wie es war“.

Darüber hinaus betonte der Baumsachverständige Philipp Funck die ökologische Bedeutung eines zusammenhängenden Waldes für Klima,  Trinkwassergewinnung und Biodiversität und wies darauf hin, dass entgegen dem Planfeststellungsbeschluss gesetzeswidrig sogar einige Hektar zu viel entnommen worden sind.

Pressemitteilung des Veranstaltungsteams


Foto: Dauerwald, junge und alte Bäume wirken zusammen und bilden ein stabiles Ökosystem

 


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