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Demokratischer Lichtblick beim Einsturz der Stadtmauer

Fotos: Vergleich der Höhenlage vor und nach dem Einsturz mit Markierung des Eingriffs in den gewachsenen Boden.

 

Der Magistrat beantragt die 125.000 Euro zur Behebung des Schadens an der eingestürzten Stadtmauer aus den Posten Umbau des Rathauses umzubuchen. Der Bürgermeister unternahm seit vier Monaten nichts, die Verantwortlichen zum Schadenersatz heranzuziehen. Dafür bedarf es keines Magistrats, keiner Stadtverordnetenbeschlüsse, sondern nur die Pflichterfüllung im Rahmen des Rechts.

 

Der Bürgermeister will anscheinend über den Einsturz der Stadtmauer und den Kosten zur Beseitigung des Schadens hinweggehen, denn die Kosten sollen aus einer anderen Position im Haushalt finanziert werden. Er hat bisher keinen Gedanken auf das Naheliegende verwandt: Wer ist für den entstandenen Schaden verantwortlich?

In der Stadtverordnetenversammlung am 4. Mai 2023  wurde der  Stadtverordnete Günter Koch (FWG) aktiv [1]und fragte, wer die Mehrkosten zu verantworten hat und wer sie trägt?

Bürgermeister Dr. Nico Ritz stellte ihm die provokante Frage: "Wie viel Geld dürfen wir für die Prüfung ausgeben?" Das könne die Stadt nicht selbst machen, sondern es müssten Gutachter und Anwälte beauftragt werden, das werde teuer.  Er wiederholte: "Wieviel Budget bekommen wir für diese Prüfung?"

Darauf meldete sich der Stadtverordnete Carsten Giesa (CDU) zu Wort und erklärte, was im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) unter Verschuldenshaftung zu verstehen ist.
Wer jemanden einen Schaden zufügt, muss er dafür aufkommen, wenn er fahrlässig gehandelt hat. Fahrlässig handelt, wer nicht die erforderliche Sorgfalt walten lässt. Die Stadt hat zu prüfen und gegenüber der Haftpflichtversicherung eines möglicherweise Verursachers den Ersatz des Schadens gelten zu machen und zu sehen wie reagiert wird.

In der Videoübertragung der Sitzung setzte zeitweise der Ton aus.
Giesa ging noch einmal ans Rednerpult und erläutert noch einmal langsam:
Haftpflichtversicherungen prüfen gestellte Schadensersatzansprüche, das ist ihre Aufgabe.
Entweder erkennt sie den Anspruch an oder lehnt ihn ab.

Er stellte deswegen den Antrag, den Anspruch auf Schadensersatz erst einmal einzureichen. Falls die Versicherung ablehnt, kann die Stadt immer noch entscheiden, ob sie mit Hilfe eines Gutachtens ihren Anspruch weiter verfolgt. Es könnte auch sein, dass der Anspruch zum Teil anerkannt wird. Das alles passiert nur, wenn die Stadt den Antrag stellt.


Ein seltener Lichtblick: So soll kontrolliert werden

Ein Stadtverordneten muss den Volljuristen Dr. Ritz über die Rechtslage und die Verfahrensweise aufklären.
Ein Stadtverordneter, der seine Aufgabe ernst nimmt und den Magistrat kontrolliert. In Homberg ein seltenes Ereignis.

[1]Der Vertreter der Grünen versteht das nicht, er sei mit dem Bürgermeister, nach seiner Auffassung hätten "Naturgewalten gewütet", die den Einsturz hervorgerufen haben.
Mit den Fakten nehmen es die Grünen nicht so genau, es gab vor dem Einsturz gar keinen Dauerregen [2], nur eine geringe Niederschlagsmenge, wie die Daten des Wetterdienstes belegen.

Der Stadtverordnete Carsten Giesa erklärt zum dritten Mal geduldig anhand eines Beispiels. Wenn es seine Mauer wäre, die einer mit seinem Fahrzeug beschädigt, würde er doch versuchen den Schaden ersetzt zu bekommen, es geht hier um 125.000 Euro.

In diesem Fall geht es um die ausführende  Baufirma und auch die Planer, die müssten den Schaden an ihre Versicherung geben. Wir als Stadt müssten sie nur anschreiben.  Dafür entstehen doch für die Stadt erst einmal keine weiteren Kosten.

 
Ritz: "Vorschlag zur Güte" wo es um Amtsversagen geht

Dr. Ritz  ruderte zurück und machte einen "Vorschlag zur Güte", die Versicherungen der Beteiligten Firmen sollen angeschrieben werden. Das was er als "Vorschlag zur Güte" bezeichnet ist nichts weiter, als dass er endlich anerkennt, was sein Pflicht ist, die er seit Monaten nicht erfüllt hat.

Doch so schnell sah er es nicht ein, er lenkte weiter ab. Er sagte: Er wolle aber jetzt schon klären, wo und wie die Ablehnungsschreiben behandelt werden sollen. (Schon voreilig geht er von einer Ablehnung aus.)  Im Magistrat können sie das nicht, denn sie hätten kein Budget.
 

Mal locker 30.000 Euro für Hamburger Kanzlei

Diese Aussage erstaunt, denn als es um die Aufklärung der rund 6 Millionen Euro für den Bau des Ärztehauses ging, entschied der Bürgermeister, sämtliche 56 Aktenordner in eine Kanzlei nach Hamburg zu schicken, die sie vollständig eingescannt haben soll, damit die Originale wieder nach Homberg zurück können. Allein die Kosten dafür hätten bei 30.000 Euro [3] gelegen, wie der Bürgermeister auf Anfrage antwortete. Die Kanzlei berechnete Stundensätze von über 300 Euro. Aus welchem Budget sind die damals gezahlt worden, wenn er jetzt sagt der Magistrat habe dazu kein Budget. Die Aussage ist im übrigen falsch, Im Haushalt sind Gelder für Rechtsklärungen vorgesehen, verteilt auf verschiedene Abteilungen 41.650 Euro.


Auszug aus dem Haushaltsplan 2023, beispielhaft eine der Position.

Die Versicherungen werden nicht zahlen wollen, sie würden Abstriche an dem Betrag für den Schadenersatz machen und er, Dr. Ritz, wolle das nicht in der Stadtverordnetenversammlung diskutieren, weil das sehr lange dauern würde. Er möchte jetzt das Procedere festlegen. Es soll im Haupt- und Finanzausschuss entschieden werden.

Schon wieder ignorierte er die Rechtslage: Der Haupt- und Finanzausschuss darf gar nicht entscheiden, er gibt nur Empfehlungen. Entscheidungen werden in der Stadtverordnetenversammlung getroffen, wo alle gewählten Stadtverordnete mitbestimmen. Schon einmal versuchte der Magistrat, die Rechte der Stadtverordneten zu beschneiden, als eine neue Geschäftsordnung verabschiedet werden sollte, in dem dem Ältestenrat [4]Rechte übertragen werden sollte. Die Geschäftsordnung musste wieder geändert werden, das geschah lautlos.

Die Stadtverordneten beschlossen, dass die Stadt ihre Regressansprüche geltend machen soll.
Fünf Stadtverordnete der SPD und der Grünen enthielten sich.

Das Verhalten des Bürgermeisters wird verständlich, wenn man  bedenkt, welche Fehlentscheidungen er im Vorfeld getroffen und zu verantworten hat. In einem weiteren Beitrag wird die Entwicklung des Falles genauer dargestellt.