HOMBERGER HINGUCKER MAGAZIN

2008 – 2021 Informationen zur Kommunalpolitik in der Kreisstadt Homberg (Efze) – ab 2021 HOMBERGER HINGUCKER MAGAZIN

Denken hilft: Altreifen und Pyrolyse

Denken hilftDenken hilft bei der Beurteilung von Altreifen-Pyrolyse.

Eine einfache Überlegung
Altreifen, die jetzt als Energieträger für die Zementindustrie eingesetzt werden, sollen über ein Pyrolyseverfahren in Pyrolyseöl, Ruß und Stahl aufgespalten werden. Der Prozess verbraucht selbst einen Teil des gewonnen Pyrolyeöls.
Für die Altreifen, die für die Zementherstellung nicht zur Verfügung stehen, muss ein anderer Energieträger eingesetzt werden. Ein energetischer Gewinn ist damit nicht zu erzielen.

Reifenbestandteile
In Reifen wird durch Zusätze von Ruß (Industrieruß oder carbon black), Zinkoxiden und Silikaten zum Kautschuk die Gummieigenschaften für die jeweiligen unterschiedlichen Gebrauchsanforderungen hergestellt.
Bei der Pyrolyse von Altreifen kommt am Ende ein Gemisch aus diesen Zusatzstoffen heraus, das für die Reifenherstellung nicht brauchbar ist.

Bleibt noch der im Reifen verarbeite Stahl, der rund 17 % des Reifengewichts ausmacht.

Bisher wurde keine Energiebilanz für die Pyrolyse vorgelegt. Auch die wirtschaftliche Seite des Prozesse ist bisher nirgends nachgewiesen worden. Im Gegenteil, die Projekte sind weltweit insolvent gegangen und damit sind viele öffentliche Gelder verschwendet worden.

Das sagt die Fachwelt zur Altreifen-Pyrolyse

Olaf Essmann (AGA/Linde)
Schon 2001 hießt es in der NEUE ReifenZeitung 1/2001 über eine ETRA-Konferenz zum Thema "Altreifen-recycling in Deutschland"

Olaf Essmann (AGA/Linde) brachte die Kritik grundsätzlich auf den Punkt: "In den sieben Jahren, seit denen wir jetzt auf jeder ETRA-Konferenz Vorträge über Pyrolyse gehört haben, konnte merkwürdigerweise niemals über Ergebnisse von Pyrolyse-Testläufen berichtet werden." Man kann sich des Eindrucks nicht ganz erwehren, dass es – sobald irgendwo das Stichwort "Pyrolyse" fällt – in erster Linie darum geht, Leuten, die von der Materie keine oder nur wenig Ahnung haben, im großen Stil das Geld aus der Tasche zu ziehen, indem man ihnen teure "Luftschlösser" auf die grüne Wiese setzt.

Marcus Gleis (Umweltbundesamt)

Diese Einschätzung galt auch noch 11 Jahre später. Dipl.-Ing. Marcus Gleis fasste einen FAchaufsatz so zusammen:

"Der Aufbau einer in die Zukunft weisenden Abfallwirtschaft auf der Basis nicht ausreichend erprobter Verfahrenstechniken lässt sich nur als politisch motiviert erklären, während sich auf Seiten der Verfahrensanbieter die "Goldgräberstimmung", die sich immer wieder breit macht, wie die Auflistungen zu den verschiedenen Verfahren in den Tabellen zeigt, bei der notwendigen Bewährung in der Praxis schnell einem Katzenjammer weicht. Denn um aus heterogenen Abfallgemischen hochwertige Produkte, wie Chemierohstoffe oder Treibstoffe zu erzeugen, bedarf es nicht nur der richtigen Ausgangsprodukte, sondern bei Auswahl der richtigen Verfahrenstechnik auch der notwendigen Portion Erfahrung gepaart mit etwas Glück.
Der Glaube mag zwar Berge versetzen, aber die physikalischen Gesetze der Thermodynamik und Entropieveränderung muss er zumindest seit der Neuzeit akzeptieren.
Neben der Goldgräberstimmung ist bei den meisten Anbietern von Abfallpyrolyse- und -vergasungsverfahren nur wenig zu erkennen, was auf eine Nachhaltigkeit der Konzepte schließen lässt. Höchste Aufmerksamkeit ist dann geboten, wenn der mediale und werbetechnische Aufwand die seriöse ingenieurtechnische Planung und Bilanzierung um Längen schlägt.
Mehr kritische Distanz bei den politisch Verantwortlichen und den potentiellen Investoren bei der Erfüllung von abfallwirtschaftlichen Wunschvorstellungen gepaart mit ingenieurtechnischem Sachverstand, der sich auch an den Erfahrungen anderer orientiert, könnte helfen, dass die Liste von Pleiten, Pech und Pannen bei der Entwicklung von alternativen Abfallbehandlungsverfahren nicht noch wesentlich länger wird.
Die Erfahrung der letzten Jahrzehnte zeigt allerdings, dass dies wohl auch nur ein Wunsch bleiben wird."

Dr. Susanne Madlung (European Tyre Recycling Association)
Frau Dr. Madlung von der European Tyre Recycling Association in Brüssel sagte dazu im Telefongespräch am 17. Juni 2012:

Es gibt weltweit keine wirtschaftlich betriebene Anlage für Altreifen-Pyrolyse. Viele Unternehmen haben inzwischen Insolvenz angemeldet.

Altreifen werden bereits jetzt – ohne Pyrolyse – zu 100 Prozent verwertet.

Bei steigenden Energiepreisen kauft die Zementindustrie die Reifen als Brennstoff für die Zementherstellung auf.

Es gibt nicht genug Altreifen für die stoffliche Verwertung zu Gummigranulat, Gummimehl für die daraus gefertigten Produkte. Die stoffliche Verwertung soll nach EU-Richtlinie Vorrang haben.

Der aus den Reifen mittels Pyrolyse zurückgewonnene Ruß ist für die Produktion neuer Reifen nicht geeignet.

Im Märchen kann aus Stroh Gold gesponnen werden.
Bei den Pyrolyse-Projekten werden aus Steuern der Bürger Projekt-Fördergeldern und aus diesen dann private Gewinne. Politiker hoffen, dass dann auch für sie irgend etwas abfällt. Den Bürgern werden Arbeitsplätze versprochen.

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Ein Kommentar zu “Denken hilft: Altreifen und Pyrolyse”

  1. Gitte

    …und was sagt denn unsere schöne Umwelt dazu??? Immissionen einer solchen Wolkenkuckucks-Anlage??? BGM sollte als vertrauensbildende Maßnahme mit Kind und Kegel direkt daneben wohnhaft werden…

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