HOMBERGER HINGUCKER MAGAZIN

2008 – 2021 Informationen zur Kommunalpolitik in der Kreisstadt Homberg (Efze) – ab 2021 HOMBERGER HINGUCKER MAGAZIN

Der „Summer of Pioneers“ ist zu Ende gegangen – was hat es gebracht?

Fotos: Das Tomatenkraut  welkt im Hochbeet auf dem Marktplatz, die Zuccini faulen, von den bunten Streifen an den leeren Schaufenstern blieben die Klebereste

Die Spuren der Pioneers

Sechs Monate waren 20 "digitale Kreative" in Homberg zu Gast. Die Stadt hat sich ins Zeug gelegt. Große Erwartungen wurden vorab verkündet. Die Stadt räumte Wohnungen frei und sorgte für eine Möblierung. Die Stadt hat in der ehemaligen Löwenapotheke eine Gemeinschaftsküche eingerichtet. Das Tourismusbüro musste aus stimmungsvollen Räumen in einen nichtssagenden Büroraum umziehen. Der Bauhof war viele Tage im Einsatz, da blieb keine Zeit für die regulären Arbeiten. Ein privater Coworking Space wurde organisiert, für den mit  "einer Espressobar mit hervorragendem Kaffee" geworben wurde.
Medienkampagnen wurden deutschlandweit organisiert. Die Pioneers wurden mit einem Rund-um-Sorglos Paket gelockt. Am selbst zusammen gebauten Cubus am Marktplatz erschienen immer neue, vom den Pioneers produzierte, Aufkleber. Für jede Aktion wurden Flyer gedruckt und verbreitet. Im Gemeindeblättchen wurden regelmäßig groß aufgemacht Aktionen angekündigt und danach darüber berichtet. Homberg schien in diesem Sommer im Pioneer-Fieber. Die gesamte Stadt war von diesem Fieber aber nicht infiziert. Alles begrenzte sich auf  die Pioneers und einige Homeberger. Am Anfang hatte der Bürgermeister dazu eingeladen, auf die Pioneers zuzugehen. Ein Versuch scheiterte, E-Mails wurden nicht oder nur hinhaltend beantwortet. Auf meine Einladung erfolgte nach der Verabredung kurzfristig eine Absage, nichts weiter.

"Die Anfänge dieses Stadtentwicklungsprojekts liegen im Jahr 2019", heißt es auf der Homepage der Stadt. Das Ganze ein Stadtentwicklungsprojekt? Was ist damit entwickelt worden? Wie sieht die Bilanz aus, eine Bilanz, die Aufwand und Ergebnis gegenüber stellt.

Die Stadt finanzierte das Projekt unter anderem aus Mitteln der Stadtentwicklung und durch Sponsorengelder, etwa des lokalen Energie-Dienstleisters. Über die genauen Kosten hält man sich bedeckt.

Quelle Hessenschau

Warum werden keine Kosten genannt? Vermutlich, weil die Kosten so hoch sind, dass wenige für diese Verschwendung Verständnis aufbrächten. Die Sponsorengelder des lokalen Energie-Dienstleister, also der KBG, sind nur ein kleine Geste gemessen an dem Wert der Grundstücke und Gebäude, die die Stadt der KBG billigst überlassen hat.

Wer räumt jetzt den Cubus und das Hochbeet auf dem Marktplatz ab, nachdem die Pioneers abgereist sind? Was wird aus den Wohnungen und dem Haus Wicke, in dem das Tourismusbüro einen guten Platz hatte, und das jetzt nach dem Auszug der Pioneere leer steht, was mit den bunten Klebestreifen deutlich gemacht wurde? Leerstand ist entstanden, den die Stadt herbeigeführt hat.

Zum Abschluss kommt noch einmal eine geballte Ladung an PR-Berichten in verschiedenen Medien, die kaum verdecken können, dass das Ganze für die Stadt teuer geworden ist. Da helfen auch nicht Bilder und Berichte. Wie weit die geschönten, euphorischen PR-Texte von der Homberger Realität entfernt liegen, davon kann sich auf der Seite der Kampagne "Summer of Pioneers" jeder selbst ein Bild machen.
  

Die Pioneers sind hinter dem Trend aufs Land zurückgeblieben

Deutschlandweit wird in den Medien das Interesse der Städter an dem Land thematisiert. Es gibt Berichte, in denen Städter sich ihren Traum wahr gemacht haben und aufs Land gezogen sind. Hier haben sie alte Häuser gekauft, saniert und hier genießen sie die Natur –  alles ohne städtisches Schnupper-Sponsoring. Das Projekt "Summer of Pioneers" hinkt dem Trend hinterher. Die Städter suchen, wo es ihnen möglich ist, das Land als neuen Lebensraum, schon allein, weil die Wohnungen in den Ballungsräumen durch die Finanzspekulanten immer unerschwinglicher werden. Die neuen Möglichkeiten durch die Digitalisierung  helfen, auch vom Büro in der ländlichen Umgebung zu arbeiten, das muss nicht erst mit einem "Summer of Pioneers" ausgetestet werden. Mit dem Programm wurden  digitale Nomaden gefördert. Die Krankenschwester, der Polizist und die Handwerker, deren Leistungen in den Ballungsräumen gebraucht werden, haben diese Wahl nicht, sie sind gezwungen, als Pendler unterwegs zu sein, wenn sie dem Mietpreisdruck in den großen Städten nicht mehr standhalten können.

Ein Paar der Pioneers war schon vor dem Projekt nach Homberg gezogen, weil sie in ihre Herkunftsregion zurück wollten. Sie haben das günstige Angebot der Stadt verständlicher Weise mitgenommen. Von den anderen, die in Homberg bleiben wollen, wird man sehen, wer das wirklich wahr macht und wer dann bleibt. In Wittenberg, wo 2019 ein "Summer of Pioneers" stattfand, hieß es auch, dass viele bleiben würden. Konkret konnte man dann lesen, dass sie gern ab und zu einmal wieder Wittenberg besuchen wollten. Darauf könnte es auch in Homberg hinauslaufen. Die Stadt braucht diese Berichte, um die hohen Kosten zu rechtfertigen, die sie nicht veröffentlicht.


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