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Kriegsspuren

 
Als ich geboren wurde, war Krieg. Mein Vater war schon vor meiner Geburt in Ungarn irgendwo im Gelände umgekommen. Mit 24 Jahren wurde meine Mutter Witwe.

Meine erste Reise begann mit einem Pferdeschlitten zum Bahnhof. Auf dem Umsteigebahnhof ging es erst einmal in den Luftschutzbunker neben dem Bahnhof, bis der Bomberflotte nach Osten weiter geflogen war.

Mit etwa fünf Jahren hörte ich, und erinnere ich mich bis heute, wie die Erwachsenen in Heidenau  von dem Feuersturm in Dresden erzählten. Der Luftsog riss die Menschen auf der Straße in die Flammen der brennenden Stadt Dresden.

Vor dem Märchenfilm im Kino wurde die Wochenschau gezeigt mit den Bildern vom Krieg in Korea.

Im Apfelbaum vor dem Fenster hatte mein Opa einen Draht verlegt, der zum Radioempfänger in der Küche führte. Am Abend wurde das Tuch zurück geschlagen und das Gerät eingeschaltet. Durch das Quieken und Pfeifen des Störsenders war zu hören: „Hier ist Radio Beromünster“

In Hamburg sah ich Ruinen. In noch bewohnbaren Räumen im Erdgeschoss einer Ruine erhielt ich Unterricht in Gitarre.

Unsere Lehrerin ließ uns jede Woche ein Gedicht lernen. Gedichte seien das Einzige, was Kriegsgefangene behalten hatten, und sie wurden durch Gedichte gestützt. So lernten wir auch von Wolfgang Borchert „…dann gibt es nur eins, Sag Nein“

Der Vietnamkrieg begleitete meine Jugendzeit und trat immer deutlicher ins Bewusstsein.
4,5 Millionen Tonnen Bomben wurden über dem Land abgeworfen und Gift versprüht. Die Zahl der Toten war fast 4 Millionen Menschen. Das Land wurde großflächig verseucht. Selbst heute noch werden Kinder durch das Gift geschädigt geboren.

Die Freiheit sollte auch im Irak verteidigt werden wie auch am Hindukusch. Um die Menschen für den Krieg einzustimmen, wurde die Brutkasten-Lüge und Massenvernichtungswaffen erfunden und von den Medien verbreitet.

Täglich nehmen sich ca. 20  junge traumatisierte amerikanische Veteranen aus den Kriegen in Vietnam, Irak, Afghanistan das Leben. In den USA starben mehr Soldaten durch Suizid als durch Kriegseinwirkungen.
 

Von Kassel nach Breitenau schloss ich mich der Pilgerwanderung von Claude AnShin Thomas an, der Stätten der Gewalt besuchte. Er ist ein amerikanischer Kriegsveteran. Mit 18 Jahren war er stolz, bereits 200 Menschen getötet zu haben. Er landete auf der Straße und kam an Heroin. Seinem traumatischen Absturz überwand er über den Weg zum Zen-Mönch.


Young Political Leaders in Deutschland fordern immer mehr Waffen für den Krieg, sie wollen den Krieg gewinnen, nicht den Frieden.

In Wernswig trägt die Schule den Namen Matthias Claudius, 1778 schrieb er das Kriegslied

s ist Krieg! s' ist Krieg! O Gottes Engel wehre,
         Und rede du darein!
's ist leider Krieg – und ich begehre
         Nicht schuld daran zu sein!

Was sollt ich machen, wenn im Schlaf mit Grämen
         Und blutig, bleich und blaß,
Die Geister der Erschlagenen zu mir kämen,
        Und vor mir weinten, was?

Wenn wackre Männer, die sich Ehre suchten,
         Verstümmelt und halbtot
Im Staub vor mir sich wälzten und mir fluchten
          In ihrer Todesnot?

Wenn tausend, tausend Väter, Mütter, Bräute,
          So glücklich vor dem Krieg,
Nun alle elend, alle arme Leute,
          Wehklagten über mich?

Wenn Hunger, böse Seuch und ihre Nöten
            Freund, Freund und Feind ins Grab
Versammelten, und mir zur Ehre krähten
            Von einer Leich herab?

Was hülf mir Kron und Land und Gold und Ehre?
            Die könnten mich nicht freun!
's ist leider Krieg – und ich begehre
            Nicht schuld daran zu sein!