HOMBERGER HINGUCKER MAGAZIN

2008 – 2021 Informationen zur Kommunalpolitik in der Kreisstadt Homberg (Efze) – ab 2021 HOMBERGER HINGUCKER MAGAZIN

Kulturdenkmal komplett entkernt

Falschaussagen des Landesamtes für Denkmalpflege

 
Im November berichtete die HNA über den Fortgang der "Sanierung des Damenstift Wallenstein" und meldete das Gebäude ist komplett entkernt worden.

Foto: Abbildung vom  Glasnegativ aus der Entstehungszeit übernommen. Beschriftungen wurden  nachträglich zur Orientierung eingefügt.

Damit ist ein Kulturdenkmal von geschichtlicher und baugeschichtlicher Bedeutung zerstört worden.
Auf den Notruf an das hessische Landeamt für Denkmalpflege antwortete die Landeskonservatorin. Dem Notruf lag der Bericht der HNA über die Zerstörung bei.

Die Landeskonservatorin bestätigte (9. November 2022) , dass es sich um ein Kulturdenkmal "nach § 2 Abs. 1 HDSchG (Hessisches Denkmalschutzgesetz)" handelt.
 

Das Landesamt erklärte:

Tatsächlich ist der Zeitungsartikel, auf den Sie Bezug nehmen, aus denkmalfachlicher Sicht unvorteilhaft formuliert, sodass bei nicht am Vorhaben direkt Beteiligten der Eindruck entstehen könnte, mit den als Einzelkulturdenkmal geschützten Gebäuden würde im Rahmen der Sanierung bzw. Umnutzung unsachgemäß bzw. nicht denkmalgerecht
umgegangen werden.

 
Unvorteilhaft formuliert

Es geht nicht darum ob der Zeitungsartikel "unvorteilhaft formuliert" ist, sondern darum, dass ein Kulturdenkmal zerstört ist, in dem seit Wochen entkernt wurde. Das ist auch für Laien erkennbar und es ist in keiner Weise "denkmalgerecht" und ist damit unsachgemäß.

 
Detailliert geprüft

Die geplante, oben beschriebene Maßnahme wurde vonseiten der Unteren Denkmalschutzbehörde des Schwalm-Eder-Kreises sowie vonseiten des Landesamtes für Denkmalpflege im Rahmen des Bauantrages detailliert geprüft und wird im weiteren Bauverlauf engmaschig begleitet, bspw. durch regelmäßig stattfindende Jour-Fix-Termine.

Dem Landesamt hat also der Bauantrag vorgelegen und hat diesen "detailliert geprüft".  Hat das Landesamt eine Bestandserfassung verlangt? Sonst wird das schon bei einer Scheune verlangt und ist erst recht bei einem solch bedeutsamen Bauwerk notwendig.
Bei der "detaillierten Prüfung" muss dem Landesamt aufgefallen sein, dass im Erdgeschoss große Räume entstehen sollen, die nur zu realisieren sind, wenn die gesamte Tragkonstruktion ausgebaut und durch Stahlträger ersetzt wird, wie es seitdem erfolgt ist.

 
Sensibel und minimalinvasiv

Mit der vorhandenen historischen Substanz wird während der Maßnahme sensibel und minimalinvasiv umgegangen.

Nach einer mehrwöchigen  Entkernung kann kaum von einer "sensiblen und minimalinvasiven" Maßnahme gesprochen werden.

Die derzeitige Entkernung umfasst lediglich sekundär eingebrachte Baustoffe, bspw. Rigipsplatten und nicht denkmalgerechte bzw. -werte Bodenbeläge. Historische Wände, Türen und Treppe bleiben im Zuge der Maßnahme erhalten.

Gegen den Ausbau von Rigipsplatten und Fliesen hätte sicherlich niemand etwas einzuwenden. Wenn aber historische Wände und Tragbalken im großen Stil ausgebaut werden, hat das nichts mit denkmalpflegerischen Maßnahmen zu tun.

Die im Zeitungsartikel angesprochenen Fenster, die ausgetauscht werden sollen, sind erst ca. 30 Jahre alt und aus denkmalfachlicher Sicht nicht als erhaltenswert eingestuft.

 Gegen den Austausch der Fenster wäre auch nichts einzuwenden, wenn sie aus neuerer Zeit sind.

Foto vom 8. Juli 2022:
Keine Rigipsplatten, sondern alte Ziegel.

Die Zeitung schreibt Anfang November: "Die Entkernungsarbeiten haben im Sommer dieses Jahres begonnen." Somit wurde mindestens seit 16 Wochen entkernt. Wie die Entkernung aussah, beschreibt die HNA im Februar 2023 so:

„Wir mussten das Gebäude zunächst entkernen, damit wir sehen konnten, in welchem Zustand das Tragwerk ist“, sagt Göbel. Die Entkernungsarbeiten haben rund sechs Wochen gedauert. Dabei wurde aber nichts Gravierendes festgestellt.  HNA

Dilettantischer kann man nicht vorgehen. Abreißen um dann festzustellen, dass alles in Ordnung ist.
Denkmalgerecht und entsprechend dem Stand der Technik wäre eine Bestandsplanung und ggf. eine Schadenskartierung angebracht gewesen, doch das wurde offensichtlich unterlassen.

 

Balken entfernen, dafür Stahlträger aufstellen

Es ging aber nicht um Denkmalpflege, es geht darum ein "neues Raumkonzept" umzusetzen.

Momentan sei es das Aufwendigste, große Räume zu schaffen. Denn die Zimmer sind mit frei stehenden Holzbalken ausgestattet und dienen als Raumtrenner. Im Erdgeschoss soll allerdings ein großer Raum entstehen. „Dafür müssen wir die Balken entfernen und dafür Stahlträger in einem Bogen aufstellen“, sagt Göbel.

 

Der "nicht bauzeitliche Erker"

Der temporäre Abbau des nicht bauzeitlichen Erkers an der Giebelseite des Wallensteinstifts wurde im Voraus eingehend geprüft und ist aus denkmalschutzrechtlicher und denkmalfachlicher Sicht vertretbar.

Das Landesamt für Denkmalpflege bezeichnet den abgebauten Erker als "nicht bauzeitlich" und behauptet, dass es "im Voraus eingehend geprüft" worden sei. Diese Aussage ist nachweislich falsch. Auf einem alten vorhandener Situationsplan und auch auf einem alten Foto, das noch als Glasnegativ vorhanden ist, geht zweifellos hervor, dass die Aussage des Landesamtes falsch ist.


Situationsplan aus der Entstehungszeit des Lehrerseminar um 1835
unten rechts das Damenstift mit den Erkern.
Quelle: Lagis Hessen

Als Nächstes stehen nun die Arbeiten am Giebel an. Der Vorsprung an der Hausseite des Damenstifts, die zum Jobcenter steht, muss abgerissen werden. „Sonst bekommen wir den Verbindungsbau nicht zwischen die Häuser gesetzt“, sagt Fennel. Wenn der Neubau steht, soll der Giebel bis zum Verbindungsbau wieder aufgebaut werden. „Dafür verwenden wir möglichst die alten Materialien“, so der kbg-Vorstand. HNA

  
Nachtrag

Zu dem HNA-Bericht, in dem der Einbau von Stahlträgern beschrieben wurde, um im Erdgeschoss große Räume zu schaffen, bat ich das Landesamt für Denkmalpflege um Stellungnahme. Das Amt antwortete nicht. Der Präsident des Landesamtes für Denkmalpflege Prof. Dr. Markus Harzenetter ist auch Erster Vorsitzender der VDL – Vereinigung der Denkmalfachämter in den Ländern.

 


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