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Pflegeheime, ein gutes Geschäft – Homberg unterstützt

 

Am 13. Juni 2019 kaufte die Stadt eine landwirtschaftliche Fläche von der Größe 9.081 qm  zum Preis von  281.511,00 €, somit zu einem Quadratmeterpreis von 31 Euro/qm. Im Flächennutzungsplan ist die Fläche für den Gemeinbedarf festgelegt..

Zwei Jahre später, am 20. Mai 2021, stand der Verkauf [1]einer Teilfläche  auf der Tagesordnung der Stadtverordnetenversammlung.
  

Verkauf ohne Ausschreibung

An wen das Grundstück verkauft werden sollte, stand nicht in den Unterlagen. Das Grundstück war auch nicht öffentlich zum Verkauf angeboten worden. Es sollte freihändig von der Stadt an einen "Projektträger aus München" verkauft werden. VL-84/2021 1. Ergänzung) In der Erläuterung wird er nur umschrieben. mit:

… ein Münchener Projektträger bzw. die zur Unternehmensgruppe gehörende französische Projektgesellschaft, mit Sitz in Paris,

Der Name der Unternehmensgruppe wird nur auf Grundstücksplan ersichtlich, wo in der zu verkaufenden Fläche "Korian" steht.

Im Haupt- und Finanzausschuss am 18. Mai stellen zwei Unternehmensvertreter das geplante Projekt [2]vor. In ihrer Präsentation ist der Name des Unternehmens zu erkennen. Auf einer der Folien sind wichtige Kennzahlen des Unternehmens Korian Deutschland [3] Stand 2020 zu lesen.

Mitarbeiter 23.000
Einrichtungen 251
Plätze 29.000
Umsatz 1,021 Milliarden Euro
     

Als Erläuterung zu dem Verkauf finden die Stadtverordneten nur diese knappen Angaben:

… Errichtung eines zweigeschossigen COMO-Wohnpflegeheims mit 36 Bewohnerplätzen und oberirdischen Stellplätzen“ planen und errichten zu können, möchte ein Münchener Projektträger bzw. die zur Unternehmensgruppe gehörende französische Projektgesellschaft mit Sitz in Paris, einen Teilbereich in Größe von ca. 4.700 qm der städtischen Fläche Gemarkung Homberg, Flur 31, Flurstück 107/8 (wie in der Anlage Nr. 1 „rot“ gekennzeichnet“) um Kaufpreis von 80,00 €/qm erwerben, was einem Gesamtkaufpreis von 376.000,00 € entspricht.
Quelle [4]

Im Sitzungsprotokoll findet sich nur die üblichen Floskeln anstelle von sachlichen Argumenten.

Verkauf einer städtischen Fläche in Homberg (Efze), Pommernweg
hier: Genehmigung zum Verkauf der städtischen Fläche
VL-84/2021
1. Ergänzung
Herr Stadtverordnetenvorsteher Thurau ruft TOP 1 auf und erläutert den Sachverhalt.
Herr Stadtverordneter Günther Koch verlässt während der Beratung und Beschlussfassung den Sitzungssaal. Es sind nunmehr 32 Stadtverordnete anwesend.
Herr Stadtverordnetenvorsteher Thurau erteilt dem Vorsitzenden des Haupt- und Finanzausschusses, Herrn Marx das Wort.
Herr Ausschussvorsitzender Marx trägt die Beschlussempfehlung des Haupt- und Finanzausschusses vor.
Herr Stadtverordnetenvorsteher Thurau bittet um Wortmeldungen.
Zur Sache spricht Herr Bölling

Was der Stadtverordnete Klaus  Bölling (Grüne) sagte, ist im Protokoll nicht vermerkt.
Von dern anderen Parteien gab es keine Wortmeldung.

Von den 32 anwesenden Stadtverordneten stimmten 26 dem Kauf zu, 3 stimmten mit nein und 3 enthielten sich.

Bestandteil des Beschlusses:

Des Weiteren soll vor Baubeginn eine Informationsveranstaltung für Bürgerinnen und Bürger durchgeführt werden.

Was soll dieser Zusatz in dem Beschluss? Ob eine Veranstaltung durchführt wird oder nicht, hat keine Bedeutung für den Kaufvertrag. Und selbst wenn die Veranstaltung stattfindet, was hat der Bürger davon? Der Käufer kann im Rahmen der Bauordnung machen was er will.
Warum ist es aber dem Magistrat wichtig, dieses wirkungslose Detail in den Beschluss einzufügen?

Hier wird eine Beteiligung der Bürger vorgetäuscht, mehr nicht.

 

Der Pflegekonzern Korian

Lediglich in dem Sitzungsbericht von nh24 kann die Öffentlichkeit etwas über den Käufer zu erfahren.

Zur Sache äußerte sich nach Zustimmung aus den Ausschüssen lediglich Klaus Bölling (B90/GRÜNE). Das Grundstück läge an der Peripherie, nicht mittendrin. Er habe die Umsatzrendite des Trägers studiert 14,8 Prozent würden klarmachen, dass nicht in die soziale Infrastruktur Hombergs investiert werde, sondern in die Renditeerwartungen. Die Einnahmen sind von den Deutschen Sozialsystemen gesichert, der Personalstand werde an der untersten Grenze gefahren. Erkenne keine mit Gewerkschaften verhandelten Tarifverträge. Ein anderer privater Investor habe gerade bewiesen, wie sorgfältig er mit Investitionen umgehe. Der Abschluss eines Kaufvertrages wurde ohne die Stimmen von BÜNDNIS 90/GRÜNE genehmigt.

Quelle: Nh24 https://nh24.de/2021/05/22/homberg-marschiert-einstimmig-in-die-zukunft/

Mehr Informationen über den Pflegekonzern liefert der Eintrag bei wikipedia.

Heute ist die Korian mit einer Aufnahmekapazität von mehr als 470.000 Bewohnern und Patienten und ca. 56.000 Mitarbeitern in Frankreich, Deutschland, Italien, Belgien, Spanien und in den Niederlanden Europas führender privater Anbieter von Betreuungs- und Pflegedienstleistungen für Senioren.[26] [5] Der Konzern betreibt rund 890 Einrichtungen, davon 408 in Frankreich, 252 in Deutschland, 123 in Belgien, 58 in Italien, 15 in Spanien und 12 in den Niederlanden.

wikipedia

Die Tagesschau berichtete

Die Tagesschau [6]nahm sich den Wirtschaftszweig Pflegeimmobilien genauer vor.

Wenn Investoren Pflegeheime entdecken. (Stand: 10.08.2021 10:56 Uhr) Dazu heißt es im Vorspann:

Wegen der Alterung der Gesellschaft werden in Zukunft immer mehr Pflegeheime gebraucht. Das lockt verstärkt private Investoren an, die besonders auf Rendite achten. Wie groß ist die Gewinn-Orientierung in der Altenpflege?

Händeringend suchen Anleger weltweit sichere und renditestarke Investitionen. Diese sind im Verhältnis zu dem überfüllten Kapitalmarkt rar. Der Pflegebereich ist jetzt noch einmal verstärkt in das Blickfeld gekommen.

Nach Angaben des Immobilien-Dienstleisters CBRE wurden noch nie so viele Pflegeheime verkauft und gekauft wie im Corona-Jahr 2020. In Deutschland erhöhte sich das Transaktionsvolumen mit Gesundheitsimmobilien um 61 Prozent auf 3,4 Milliarden Euro.

Auch als Immobilie sind Pflegeeinrichtungen ein begehrtes Objekt. "Pflegeimmobilien stellen ein zukunftssicheres Investment mit vergleichsweise hohen Renditen dar", sagt Franz-Constantin König von der Beratungsgesellschaft Drees & Sommer. Sie seien konjunkturunabhängig und hätten den Vorteil langlaufender Mietverträge (15 bis 30 Jahre).

Wie Bölling die Stadtverordneten informierte, geht es nicht in erster Linie um Sozialinfrastruktur, es geht darum, in Homberg billig eine sichere Investition zu tätigen, die sichere und hohe Rendite für den Konzern abwirft.

Marktführer in Deutschland ist die französische Korian-Gruppe mit einem Marktanteil von drei Prozent, gefolgt von Alloheim und Victor's Group. Die gemeinnützigen Anbieter Johanniter, Evangelische Heimstiftung und Awo Westfalen sind weit abgeschlagen in den Top Ten der Pflegeheimbetreiber auf Rang sieben bis neun.

Ein Marktführer will seine Anteile am lukrativen Pflegemarkt ausweiten, dabei wird er von der Mehrheit der Homberger Parteien unterstützt.
Die Renditen sind um so größer, je mehr am Personalaufwand eingespart werden kann. Das gelingt mit Leiharbeitern, so wie es auch die anderen Konzerne in der Wirtschaft vormachen.

Privaten Anbieter stellen oftmals Leiharbeitskräfte an, die von der einen Einrichtung zur nächsten geschickt werden können. Hat diese Strategie die Ausbreitung des Virus begünstigt? Besonders private Betreiber standen vor diesem Hintergrund in der Kritik. Der europäische Marktführer Korian geriet in Frankreich ins Visier der Gewerkschaften und der Politik. In einem seiner Pflegeheime in der Nähe von Cannes starb fast ein Drittel der Bewohner. Angehörige reichten Klagen ein. Gewerkschaften prangerten Korian wegen der "Rendite-Orientierung" an. Sie hätten beim Material gespart und die Krise schlecht gemanagt, beklagte ein Vertreter der mächtigen Gewerkschaft CGT.

Trotz Corona steigerte Korian den Umsatz im vergangenen Jahr um sieben Prozent auf 3,9 Milliarden Euro. Der Gewinn schrumpfte auf 65 Millionen Euro. Dennoch zahlten die Franzosen ihren Aktionären eine kleine Dividende von 30 Cent je Aktie aus.

Pflegeheime sind für die privaten Geldgeber ein lukratives Investment. Die durchschnittliche Netto-Umsatz-Rendite eines Heims liegt bei drei Prozent, schätzt Markus Bienentreu, Geschäftsführer des Sozialimmobilien-Betreibers Terranus.

Tagesschau

Pflegeheime sind nicht nur lukrativ, sondern auch sicher. Wenn die Tagessätze die Grenzen bei den Pflegekassen übersteigen, müssen die Bewohner selbst die Mehrkosten tragen. Wenn sie finanziell dazu nicht in der Lage sind,  holen sich die Pflegeheimbetreiber das Geld bei den Sozialhilfekassen. Die Gewinne sind auf jeden Fall sicher.
 

Korian expandiert weiter

Die Experten der Berenberg würdigen unter anderem, dass Korian in den letzten Jahren bei Umsatz und Gewinn mehr geliefert habe als versprochen wurde: „In den vergangenen drei Jahren hat Sophie Boissard das Unternehmen in eine gut geölte Maschine verwandelt.“

handelsblatt  [7]

Korian will den gesamten Pflegebereich umbauen. Sie sehen dort großes Wachstumspotential. Der Umsatz steigt kontinuierlich.

Der Gesamtkonzern ist eine Aktiengesellschaft. 2015 betrug der Umsatz 2,6 Milliarden Euro, für 2021 wird ein Umsatz in Höhe von 4,2 Milliarden Euro prognostiziert. Der Ertragsmarge vor Steuern (Erbitda) wird 2021 auf 15,5 Prozent erwartet, so das Handelsblatt.

Damit hat der Pflegekonzern genügend Mittel, um jährlich weiter zu expandieren. Acht Prozent soll er in diesem Jahr wachsen. Nach Aussagen der Chefin Boissard sollen vor allem kleiner Firmen und Einrichtungen aufgekauft werden. Ziel ist, sich auch in den lokalen Pflegeketten zu etablieren.


200 Millionen Euro stehen dafür im Jahr zur Verfügung.Verdi kritisiert

Die Expansion geht immer auch zu Lasten der Beschäftigten. Die Gewerkschaft Verdi kritisiert deshalb auch die Ausrichtung an den Renditeerwartungen der internationalen Finanzinvestoren in ihrem Beitrag: Ziel: Maximalrendite. Finanzinvestoren in der Altenpflege [8]

Mit 14,1 Prozent (2016) liegt die Umsatzrendite (EBITDA) von Korian deutlich über der Marge vieler Industriekonzerne.

 Vor dem Hintergrund dieser Informationen über den Pflegemarkt wird verständlich, warum der Magistrat und die Stadtverordneten sich scheuten, den Käufer beim Namen zu nennen. Wieder einmal arbeiten die Parteien nicht für das Wohlergehen der Stadt und ihrer Bürger, sonder setzen sich für die Interessen großer Finanzinvestoren ein.

Wenn die Stadtverordneten Beschlüsse fassen, die dem Wohl der Stadt entgegenstehen, sind der Magistrat und der Bürgermeister verpflichtet, dagegen Einspruch zu erheben. Sie schweigen und machen mit.