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Sachstand Einkaufszentrum: Warum vertraulich?

Foto: Aldi-Gebäude und die ehemalige Wiskemann-Villa in der Kasseler Straße mit Parkdeck und Lüfterauslässen

In einer Sondersitzung des Bauausschusses am 22.06. sollten die Mitglieder über den Sachstand beim Bau des Einkaufszentrums informiert werden.
Schriftliche Unterlagen zu dem Thema sind im Ratsinformationssystem nicht zu finden.

In der öffentlichen Sitzung des Ausschusses wurde bekannt, dass die Ausschussmitglieder vorab vertrauliche Informationen über die neue Planung zum Einkaufszentrum erhalten hatten
 

Ohne Öffentlichkeit keine demokratische Entscheidung

§ 35   Öffentlichkeit der Sitzungen

(1) Die Sitzungen des Gemeinderats sind öffentlich. Nichtöffentlich darf nur verhandelt werden, wenn es das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner erfordern; über Gegenstände, bei denen diese Voraussetzungen vorliegen, muß nichtöffentlich verhandelt werden.

Die kommunale Demokratie ist auf Grund der größeren Nähe der Bürger zu den sich in den Gemeinden und Landkreisen stellenden politischen Fragen wesentlich "lebendiger" ausgestaltet als auf der staatlichen Ebene.
https://innen.hessen.de/kommunales/kommunalverfassung

In Homberg wird kommunale Demokratie  behindert, indem die Information der Öffentlichkeit immer weiter eingeschränkt wird, auch wenn es rechtswidrig ist, wie bei dem Bau des Einkaufszentrums.

Bei dem Einkaufszentrum geht es um das Planungsrecht, ein Kernstück kommunaler Selbstverwaltung. Wenn das Planungsrecht mit "vertraulichen Informationen" untergraben wird, bricht auch die demokratische Legitimation ein. Es zeigt sich der wahre Charakter der willkürlichen Planung, die nur das Interesse der Finanzanleger kennt.

 

Warum gerade jetzt eine Sondersitzung?

Zu der Sondersitzung des Bauausschusses hat der Vorsitzende Hilmar Höse (Bündnis90/Die Grünen) eingeladen. Es ist nicht ersichtlich, warum diese Extra-Sitzung stattfinden sollte. Es wurde nichts entschieden und empfohlen. Das Thema steht auch nicht auf den folgenden Sitzungen des Ausschusses und der Stadtverordnetenversammlung.  In der Einladung findet sich auch keine Begründung.

Bürgermeister Dr. Nico Ritz reichte den Ausschussmitgliedern vertraulich Unterlagen zum Planungsstand nach, damit sie sich auf die Sondersitzung vorbereiten konnten. Die Vertraulichkeit begründete er mit dem Entwurfszustand. Ein Entwurfszustand ist kein Grund zur Vertraulichkeit. Auch andere Planungen wurden frühzeitig veröffentlicht, selbst wenn sie später vollständig geändert wurden.
Was bezweckt der Bürgermeister mit dieser Aktion? Warum lanciert er Planungsänderungen auf diese Weise an der Öffentlichkeit vorbei in den Ausschuss, der nichts beschließt oder empfiehlt. Warum erhalten nicht alle Stadtverordneten die Unterlagen?
Nach den bisherigen Erfahrungen ist bei solchem Vorgehen Wachsamkeit geboten.
Warum verteidigt der Ausschussvorsitzende nicht das Recht des Parlaments und macht mit?
 

Sachstand in Beton gegossen

Über welchen Sachstand soll informiert werden? Schoofs hat sich nicht an den Vertrag mit der Stadt gehalten, der Grundlage für das Bauvorhaben ist, nicht an die Frist der Fertigstellung, nicht an die geplanten Gebäude, nicht an die Höhenfestsetzungen, nicht an die Grundstücksübereignungen, nicht an Obergrenzen des festgelegten Sortiments. Stattdessen gibt es Ausweitungen der Verkaufsflächen und des Sortiments. Es geht zu Lasten der letzten noch in der Stadt vorhandenen Einzelhändler, Gastronomen und Dienstleister.

Der Bürgermeister deckt den Vertragsbruch von Schoofs und versucht den Anschein zu erwecken, alles sei rechtmäßig.
Die Abweichungen vom Bebauungsplan sind keine kleinen Änderungen, die im Verwaltungswege angepasst werden können. Die Änderungen sind so erheblich, dass ein neuer Bebauungsplan beschlossen werden muss. Dafür wurde bereits der Aufstellungsbeschluss gefasst.
Obwohl der bisher geltende Bebauungsplan für das Vorhaben des Einkaufszentrums nicht eingehalten wurde, wird weiter gebaut und Fakten aus Beton geschaffen. Da können die Stadtverordneten abstimmen wie sie wollen, der Betonbau steht bereits. So wird das kommunale Planungsrecht aufgehoben. Geld ist mächtiger als der Bürgerwille.
  

Der neue Sachstand

Die Beschreibung sei voller Widersprüche, schwammiger Begriffe und  leerer Floskeln, ist zu hören.
Wieder wird das Sortiment "angepasst".
Mehr Flächen für Büro und Schreibmaterial, die benachbarte Firma Ried wird sich freuen.
Mehr Flächen für Bücher, größer als die des letzten ortsansässigen rührigen Buchhändlers.
Flächen für den Blumenverkauf, damit werden die Blumenhändler in der Stadt geschädigt.
Flächen für Tiernahrung – dafür sollte eigentlich schon vor Jahren an der Kasseler Straße Ecke Nordumgehung ein ganzes Gebäude errichtet werden.

Die Flächenangaben für das erlaubte Sortiment sind nur Zahlenspiele zur Ablenkung. Keiner wird später die Einhaltung prüfen. So wie zum Beispiel auch die Festsetzungen im Bebauungsplan des Mühlhäuser Feldes folgenlos ignoriert werden können.
 

Anderen vertraglichen Verpflichtungen kommt Schoofs nicht nach

Planauszug: 893 qm Flächen (gelb schraffiert) sollten nach dem bisherigen Vereinbarungen von der Stadt übernommen werden.  

Grundstücksübereignung
An der Ziegenhainer Straße sollten laut Vertrag Grundstücke an die Stadt übereignet werden. Schoofs will aber jetzt dort eine Terrasse für die Außengastronomie bauen und das Grundstück nicht der Stadt übereignen.

Wird Schoofs jetzt auch die Flächen an der Lieferanfahrt nicht mehr an die Stadt vekaufen? Darunter lagen früher die Tanks einer Tankstelle (mögliche Altlasten).

Anlieferung
Erst sollte das Einkaufszentrum vom Bindeweg gegenüber der Schule beliefert werden. Nachdem die Schule und die Verkehrspolizei das ablehnte, da es nicht mit der Schulwegsicherung vereinbar war, sicherte die Stadt zu, dass im Bindeweg keine Anlieferung erfolgen soll. Jetzt will der Bürgermeister nach Berichten "ein Auge zudrücken" und doch auch dort noch eine Anlieferung erlauben, ebenso in der Ziegenhainer Straße.
Die baulichen Zugänge sind dort schon errichtet. Schoofs setzt sich über alles hinweg, denn Schoofs ist sich sicher, dass der Bürgermeister es durchsetzen wird.
  

Zukunft des Einkaufszentrums Homberg

Es klingt wie Hohn, wenn es heißt, mit dem Bau soll die Altstadt attraktiver werden. Eine Altstadt in der die letzten Einzelhändler ums Überleben kämpfen müssen.

Die bereits gebauten Änderungen werden mit der Dynamik des Marktes begründet. Der Markt steht nicht still. In den nächsten fünf Jahren wird sich der Markt noch weiter ändern. Durch die Corona-Krise beschleunigt sich der Veränderungsdruck. Doch was jetzt in Beton gegossen wurde, lässt sich dann nicht mehr so einfach anpassen. Der Betonbunker steht, als Barriere und als Hitzeinsel in der Stadt. Dieser Klotz wird Homberg noch lange als Ballast anhängen und für viele Jahre mit dem Namen Ritz verbunden sein.