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Stadtmauer-Einsturz: Beschlüsse, Protokolle und fehlende Unterlagen

 

Stadtmauer muss unterhalten und gepflegt werden

Für die Unterhaltung der Stadtmauer und anderer historischer Bauteile waren in den letzten Jahren (2017-2023) im Haushalt Gelder eingeplant gewesen, insgesamt 315.000 Euro. Ausgegeben wurden aber nur 73.009,47 Euro. Bleibt eine Differenz von 241.990,53 Euro, die nicht für die Sicherung eingesetzt wurde.
 

Tabelle: Haushaltsmittel für die Unterhaltung der Stadtmauer und tatsächliche Ausgaben

 

Die Stadtmauer um die Altstadt ist 1200 Meter lang, sie muss laufend gepflegt und gesichert werden. Deshalb werden auch in jedem Jahr von den Stadtverordneten Mittel dafür freigegeben. Das heißt aber auch, der Magistrat ist damit in der Pflicht, diese Aufgabe zu erfüllen. Offensichtlich hat der Magistrat diese Aufgabe vernachlässigt und die Gelder anderweitig ausgegeben. Damit hat der Magistrat seine regelmäßige Sorgfaltspflicht an der Stadtmauer nicht erfüllt.

 

Sorgfaltspflicht und Fahrlässigkeit

Diese unterlassene Kontrolle und damit Sorgfaltspflicht fällt jetzt den Verantwortlichen auf die Füße.
In den Vorlagen zur Sanierung der Hersfelder Straße findet sich ein weiterer Hinweis auf die unterlassene Sanierung. Bereits im November 2021 wurde festgehalten, dass die Stadtmauer in dem Bereich "abgängig" sei und saniert werden muss. Das war ein gutes Jahr vor dem Einsturz an dem beschriebenen Teilstück.

6. Ergänzung 2021 Nov.

Im Zusammenhang mit der Verschiebung der Maßnahme „Straßenbau Hersfelder Str.“ in das Jahr 2022 wurde bereits berichtet, dass die oberhalb gelegene Stadtmauer in dem Abschnitt zwischen der „Hersfelder Straße“ und der „Hessenallee“ abgängig ist und saniert werden muss.

Erst im Juli 2022, also nach gut einem halben Jahr, wurden Aufträge für die Sanierung der Stadtmauer vergeben.

Erst im Oktober wurde der Baubeginn besprochen, der erst Mitte November geplant war.
Am13.Oktober 2022 beriet der Magistrat die folgenden Punkte.

In der KW 45 beginnt die Fa. FRÖDE mit der Baureifmachung. Ab KW46 startet die Fa. SPESA mit der Sanierung der Stadtmauer.
Bei einer Baustellenbegehung wurde die Stadt Homberg (Efze) auf neue Schäden in der Stadtmauer in unmittelbarer Nähe aufmerksam.
In einem Vorort-Termin, der am 17.10.2022 im Rahmen einer Sitzung des Ausschusses für Bau, Planung, Umwelt und Stadtentwicklung stattfindet, erfolgt eine Besichtigung der Schäden um über eine Erweiterung des Auftrages SPESA zu diskutieren.  Quelle: VL-180/2019 8.Ergänzung [1]

 

Was steht im Protokoll

Im Protokoll des Bauausschusses vom 17. Oktober 2022:

Um 18:00 Uhr fand ein Ortstermin zu Punkt 1 der Tagesordnung „Erweiterung Sanierung Stadtmauer“ statt. Herr Capitain und Herr Schmoll-Feller von den Weber Ingenieuren erläutern vor Ort die notwendigen Sanierungsmaßnahmen an der Stadtmauer zwischen Hessenallee und Hersfelder Straße.

Vor Eintritt in die Tagesordnung erläutert der Ausschussvorsitzende, Herr Herbold, anhand von § 62 Abs. 5 der HGO die Ausübung des Hausrechts durch den Vorsitzenden des Ausschusses. Er zitiert dazu die einschlägigen Vorschriften der HGO.

Irritierend ist die Ausführung des Ausschussvorsitzenden über das Hausrecht. Es geht nicht hervor, aus welchem Grund er diese Belehrung gibt. Das ist ungewöhnlich und merkwürdig.

1. Straßenbau Hersfelder Straße, hier: Erweiterung Sanierung Stadtmauer

Zur Sache sprechen die Ausschussmitglieder Herr Smolka, Herr Höse und Herr Koch.
Bürgermeister Dr. Ritz teilt dem Ausschuss für Bau, Planung, Umwelt und Stadtentwicklung auf Nachfrage mit, dass zur Unterhaltung der historischen Anlagen der Stadt jährlich 50.000,00 € im Haushalt veranschlagt sind, die in der Regel auch für kleinere Reparaturen verbaut werden. Er teilt dem Ausschuss weiterhin mit, dass die Mehrausgaben für die erweiterte Sanierung der Stadtmauer voraussichtlich über Rückstellungen aus dem Haushalt 2022 finanziert werden können.
VL-180/2019 8. Ergänzung

Der Bürgermeister informierte über Mehrausgaben für die Sanierung, obwohl laut Haushaltsplänen der letzten Jahre nur knapp ein Viertel  der bewilligten Mittel in den Jahren zur Sanierung und Sicherung der Stadtmauer eingesetzt wurden.  Was ist mit den nicht verausgabten 242.000 Euro geschehen?

In der 9. Ergänzung der Vorlage geht es um die Mittelumwidmung zugunsten der Sanierung der Stadtmauer.

 

Wo  sind die Unterlagen, wo ist die Präsentation von Unger?

Die 10. Ergänzung der Vorlage fehlt im Ratsinformationssystem. Es gibt dafür keine Erklärung. Die 10. Ergänzung war das letzte Papier vor dem Einsturz. Was stand darin? War eventuell schon auf die Gefahr hingewiesen worden?

Die 11. Ergänzung ist vom März 2023, also nach dem Einsturz der Stadtmauer.

Einsturzstelle (zwischen dem BA I und BA II):
Die Arbeiten im Bereich der Einsturzstelle sind nicht endgültig abgeschlossen, es wurden die notwendigen Maßnahmen durchgeführt, um die Standsicherheit herzustellen.
Die Einbruchstelle ist im aktuellen Zustand SICHER!

[…]
Eine Regelung zur Kostendeckung soll in einer der nächsten Sitzung der Stadtverordnetenversammlung behandelt werden.

In der ersten Sitzung des Bauausschusses am 6.Februar 2023, also nach dem Einsturz der Stadtmauer, steht als Punkt 4 auf der Tagesordnung:
Straßenbau Hersfelder Straße hier: Sanierungsarbeiten Stadtmauer.

Dazu gibt es keine schriftlichen Informationen. Laut Protokoll gibt auch Bürgermeister Dr. Nico Ritz keinen Sachstandbericht zu diesem Vorfall.
Im Protokoll [2]heißt es:

Herr Herbold übergibt das Wort an Herrn Haß, der den TOP angemeldet hat.
Herr Haß möchte nähere Informationen zur Schadensursache, zum Sanierungskonzept, zu den Kosten und mögliche Schadensersatzansprüche bzw. Deckung durch Versicherung.
Herr Schmoll-Feller geht anhand einer Präsentation auf die Fragen von Herrn Haß ein.
[Herr Haß ist Stadtverordneter der CDU, Herr Herbold ist Stadtverordneter der SPD]

Was Herr Schmoll-Feller von dem Planungsbüro Unger Ingenieure, jetzt unter den Namen Weber-Ingenieure, auf die Fragen antwortete, ist nicht bekannt. Die Präsentation liegt im Ratsinformationssystem nicht vor.
Warum werden die Informationen nicht offen gelegt? Die Bürger haben ein Anrecht zu erfahren, was dort passiert ist und was mit Steuergeldern finanziert wird.

Diese Geheimniskrämerei nährt den Verdacht, dass die Verantwortlichen im Rathaus und im Planugsbüro etwas zu verbergen haben. Es geht schließlich um einen Schaden von 125.000 Euro.