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Tummelplatz für krumme Geschäfte

 

 

Foto: CDU-Plakate für den Kasernenkauf

In den 13 Jahren, in denen der Homberger Hingucker die Kommunalpolitik der Stadt dokumentiert, sind zahlreiche krumme Geschäfte recherchiert und dokumentiert worden. An vier ausgewählten spektakulären Projekten zeigt sich, dass Homberg zu einem Tummelplatz geworden ist, wo sich's gut munkeln lässt. Drei Projekte sind mit Zustimmung und Förderung [1] der Stadtverordneten der Mehrheitsparteien vorangetrieben worden. Für ein Projekt bot Homberg nur einen Schauplatz.

Ab 2012, als die Stadt das Kasernengelände kaufte, wurden nacheinander die Projekte vorgestellt. Nach jedem Platzen eines Projekts kam ein neues Projekt.
Den Anfang machte die geplante Anlage für Altreifen-Pyrolyse, danach folgte das Projekt Algenzucht und danach die Panzerverschrottung.
Bei allen von der Stadt vorangetriebenen Projekten hatte die Hessische Landgesellschaft (HLG), die staatliche Treuhandstelle für die Bodenbevorratung, die Hand im Spiel.
Beim vierten Projekt ging es um Baustoffhandel.
Kritische Berichte zu all den geplatzten Geschäften finden sich in der Presse nicht, die Presse schwieg.

Kurz zur Rechtslage:
Stadtverordnete können beschließen, was sie wollen, das ist durch die kommunale Selbstverwaltung garantiert. Der Magistrat kann gegen Beschlüsse der Stadtverordneten Einwände erheben, wenn sie rechtswidrig sind oder der Stadt schaden.
Unternimmt der Magistrat in solchen Fällen nichts, ist der Bürgermeister verpflichtet, dagegen vorzugehen. Der Bürgermeister als Wahlbeamter hat geschworen, die Gesetze zu achten.

 

1. Mit Pyrolyse aus Altreifen Rohstoffe und Energie gewinnen

Wenn  Altreifen unter Ausschluss von Sauerstoff erhitzt werden, zerfallen sie in ihre Bestandteile Ruß, Öl und Stahl. Für den Prozess wird Energie benötigt. Dr. Pelz aus Hoyerswerda versprach der Stadt damit Energieunabhängigkeit. Eine Delegation mit Bürgermeister Martin Wagner schaute sich die Anlage in Hoyerswerda an. Eine zukunftsfähige Technologie sollte Homberg voran bringen. 11 Millionen Euro wollte Dr. Pelz investieren und bis zu 30 Arbeitsplätze schaffen. In Homberg wurden Plakate in der Stadt und in der Landschaft aufgestellt, die für einen Technologiepark warben.

Bei der Recherche traf ich auf einen Mitarbeiter des Bundesumweltamtes [2]. Seine Aussage: In all den Pyrolyseprojekten ging es immer nur darum, Fördermittel abzugreifen. In dem Geschäft steckt viel kriminelle Energie. Die Gesetze der Physik lassen sich nicht aushebeln.

Die Stadtverordneten stimmten für das Projekt, das Unternehmen hat inzwischen Insolvenz angemeldet.

 

2. Aus gezüchteten Algen Rohstoffe und Energie gewinnen

Im Kasernengelände sollte schnell eine Anlage zur Algenzucht errichtet werden. Mitarbeiter eines Firmennetzwerkes stellten sich in Homberg vor und fanden Anerkennung. Im Zentrum eines umfangreichen Netzwerks stand die Firma Schumann&Schumann aus Potsdam. Viele Kleinanleger sollten diese zukunftsweisende Technologie fördern und gute Rendite erhalten.
Das Geschäftsmodell beruhte auf Anlagebetrug [3].
Die Staatsanwaltschaft Potsdam hat die Ermittlungen aufgenommen. Staatsanwaltschaft Potsdam  430Js 19709/15 Wi

Foto: Teil der Briefkastenanlage an der Villa im Berliner Grunewald, Königsallee, ÖPAG

Kleinanleger haben viel Geld verloren.

In Homberg hielten die Stadtverordneten, der Magistrat, Bürgermeister Martin Wagner und die HLG das Firmennetzwerk für seriös.
Beim Regierungspräsidenten in Kassel wurde auf Betreiben des Bürgermeisters sogar noch die Schießanlage zum Zwecke der Algenzucht zum Gewerbegebiet umgewidmet.
Die HLG ermittelte Verkaufspreise "zum Zweckecke der Algenzucht".
Zahlreiche Stadtverordnete und Magistratsmitglieder von damals wollen in der Kommunalwahl 2021 wieder gewählt werden.

 

  
3. Rohstoffe aus Panzerverschrottung recyceln

Ende 2012 kündigte die HLG vage einen neuen Kaufinteressenten für das Kasernengelände an, die Firma Battle Tank Dismandling (BTD), die Panzer und anders militärisches Kriegsgerät zerlegt. In der KSZE-Abrüstungsverträgen wurde diese Firma zertifiziert und wird international überwacht, auch mit Satelliten. Es soll sicher sein, dass die Waffen wirklich in den Schrott kommen.
 
Foto: Kontrollierte De-Militarisierung und Verschrottung von Wehrtechnik in Rockensußra, Nordthüringen. (Quelle: Bundeswehr/Schwarz)

Am 15. Mai 2014 stand der Verkauf auf der Tagesordnung der Stadtverordnetenversammlung.
Am Abend fragte der Stadtverordnete Egbert Siebert nach dem Namen des Käufers im Vertrag.
Es stellte sich heraus: Es war nicht die BTD, es war ihr Geschäftsführer mit einer neu angemeldeten Kleinstfirma, ein Strohmann. Die Stadtverordneten beschwichtigten und stimmten trotzdem zu.
Der Verkauf platzte. Die Firma BTD landete am Ende im Eigentum der Panzerbauer Krauss, Maffei, Wegmann (KMW) in Kassel, die Bauteile wieder in neue Panzer "recyceln" können. Was die KSZE-Staaten zu dieser Form der Abrüstung sagen, ist nicht bekannt.

 

   
4. Schaubaustelle für internationalen Betrügerring mit  Baustoffen

In diesem Fall war Homberg nur der Ort, wo ein Betrügerring eine Baustelle einrichtete, um als seriös auftreten zu können.
Es wurden im Baustoffhandel Lkw-weise Baumaterial bestellt, das dann verschwand. Den Schaden hatten die Lieferanten. Die Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen ein, sagte der Geschäftsführer eines geschädigten Unternehmens. Homberg scheint für den Betrügerring ein geeigneter Standort  gewesen zu sein. In  der Zeitung war darüber nichts zu lesen.
 
Dies ist eine Auswahl an Aktivitäten, die von den Stadtverordneten, dem Magistrat, den Bürgermeistern und der HLG durchgewinkt wurden. Die kommunale Selbstverwaltung in Homberg brachte solche Ergebnisse. Magistrat und Bürgermeister griffen nicht ein.

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#1 Kommentar von Comment am 2021 Februar 14 00000002 9:39 am 161329197809So, 14 Feb 2021 09:39:38 +0100

Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern… 

#2 Kommentar von Wähler am 2021 Februar 14 00000002 2:08 pm 161330809302So, 14 Feb 2021 14:08:13 +0100

Bitte auch die krummen Geschäfte vor 1965 belegen.