HOMBERGER HINGUCKER MAGAZIN

2008 – 2021 Informationen zur Kommunalpolitik in der Kreisstadt Homberg (Efze) – ab 2021 HOMBERGER HINGUCKER MAGAZIN

Asyl : Ein Spielball der Politik und Interessen

In den letzten beiden Wochen wurde Asyl und Flucht zu einem viele bewegenden Thema in Homberg.

In der Diskussion mischten sich manche falschen Töne. Asyl wird von verschiedenen Seiten für eigene Zwecke instrumentalisiert. Deshalb soll der Blick geweitet werden.

Flucht und Lager auch eine Erfahrung vieler Deutscher
Gestern, am 9. November 2012 wurde die Ausstellung über die Familie Höxter in der Kreissparkasse eröffnet, die deutlich macht wie vor 70 Jahren in Homberg der Verlauf war: Von der Diskriminierung, über den Boykott bis zur Enteignung und damit dem Verlust der wirtschaftlichen Grundlage für die Familie Höxter. Die Kinder konnten fliehen, die Eltern blieben, wurden deportiert und ermordet. Die Ausstellung mit zahlreichen Briefen zeigt, wie die Menschen der Homberger Familie die Zeit erlebt haben. Wie sie Ausgrenzung, Diffamierung und Flucht erlitten haben.
Zwangsweise die vertraute Umgebung zu verlassen und alles zurück zu lassen, das haben auch in Deutschland viele Menschen erlebt. Die wirtschaftliche Not trieb im 19. und 20. Jahrhundert die Mensch aus dem Land, Viele erhofften sich damals eine Zukunft in Amerika. Vor 70 Jahren flohen die jüdisch und politisch Verfolgten aus Deutschland, wie die Familie Höxter. Wer es nicht schaffte wurde ermordet. In der Folge des Krieges flohen die Deutschen in Flüchtlingstrecks vor der der heranrückenden Front der sowjetischen Truppen. In den 50. und 60er Jahren die Fluchtbewegung aus der DDR in den Westen.
Ich erinnere mich noch gut, welche Angst meine Mutter hatte im Westen in einem Lager mit Nissenhütten leben zu müssen. Sie setzte alles dran, nicht in eine Massenunterkunft zu kommen.

Niemand flieht freiwillig aus seinem Land – weltweit
Menschen fliehen weltweit, wenn ihnen der Platz zum Leben genommen wird. Das kann sein, weil sie aus der Gesellschaft aufgeschlossen werden oder ihnen die Lebensgrundlagen entzogen werden, aus vielfältigen Gründen, seien es Kriege, Landraub, Klimafolgen.
Flucht ist ein Aufbruch ins Unbekannte, mit viel Hoffnung, viel Angst und vielen Toten. Eine Flucht ist kein Spaziergang, in vielen Fällen hat er traumatische Folgen.
Die in Deutschland ankommenden Asylsuchenden sind nur ein sehr kleiner Teil der Millionen Menschen, die weltweit auf der Flucht sind. Allein an Europas Grenzen verlieren jedes Jahr mehrere Tausend Menschen ihr Leben auf der Flucht nach Europa.
Wenn zum Beispiel europäische Fischfangfabriken die Fischgründe an der Küsten Westafrikas ausrauben, so dass für die heimischen Fischer nichts bleibt, dann brechen einige auf und gehen dort hin, wo auch der Fisch hingebracht wurde. Sie folgen der Nahrung. In Afrika kaufen Konzerne und Staaten riesige Agrarflächen auf und entziehen der dort wohnenden Landbevölkerung die Existenzgrundlage. Es ist ein weltweiter Kampf in dem kapitalkräftige Akteure die Schwächeren vertreiben. An Vertreibungen haben auch deutsche Unternehmen ihren Anteil. Aktuell auch das Homberger Beispiel: Die Vertreibung der Schäfer auf dem ehemaligen Standortübungsplatz zugunsten von Finanzinvestoren, die auf diesen Flächen garantierte Subventionsgewinne kassieren wollen, ein aktuelles Beispiel aus unmittelbarer Nähe. Und die Politik hilft dabei, die christliche wie die soziale.

Asylrecht im deutschen Grundgesetz – Instrumentalisiert für Parteipolitik
Das Grundgesetz von 1949 war geprägt von den Erfahrungen des Faschismus. Das Asylrecht war eine Lehre aus dieser Erfahrung, es war eine würdiges und zur Tat verpflichtendes "Denkmal" der jüngsten Vergangenheit. Es wurde weitgehend demontiert und stattdessen ein steinernes Denkmal in Berlin finanziert.

In den 90er Jahren wurde das Asylrecht stark eingeschränkt, Bis heute werden Flüchtlinge immer auch zu anderen Zwecken instrumentalisiert. Darauf machte gerade die ehemalige Ausländerbeauftragte in Brandenburg (1991-2006) am 5. 11. 2012 in einem Interview der Tageszeitung aufmerksam.

taz: Frau Berger, angesichts der wachsenden Zahl von Asylbewerbern aus Serbien und Mazedonien spricht Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) von "Asylmissbrauch" und droht, ihnen das Geld zu kürzen. Was halten Sie davon?
Almuth Berger
: Mich erinnert das fatal an die Asyldebatte Anfang der Neunziger. Damals wie heute werden Flüchtlinge durch Politiker kriminalisiert und als reine "Wirtschaftsflüchtlinge" stigmatisiert, durch Schlagworte wie "Asylmissbrauch" wird die Debatte angeheizt.
Welche Absicht vermuten Sie hinter dieser Polemik?
Damals wurde die Debatte instrumentalisiert, um das Grundrecht auf Asyl massiv einzuschränken. Heute geschieht das Gleiche mit dem Ziel, die Visumpflicht für Serbien und Mazedonier durchzusetzen. Vermutlich auch, um das Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht umsetzen zu müssen, nach dem Asylbewerber ein Grundrecht auf das gesetzlich festgelegte Existenzminimum haben.

Auch der ehemalige CDU-Bundesminister Schwarz-Schilling macht die Diskussion über die steigenden Flüchtlingszahlen wütend, wie der Hessische Rundfunk zu einem Interview mit Schwarz-Schilling zur hr-Sendung defacto am 14. Okt. 2012 schreibt

"Die Meldung sorgte kürzlich für Aufregung: Einige Asylsuchende mussten in Zelten schlafen, weil die Situation bei der Unterbringung von Flüchtlingen in Hessen angespannt ist. Grund sei vor allem die wachsende Zahl von Asylsuchenden aus Serbien und Mazedonien, erklärte das Regierungspräsidium Gießen. Innenminister Boris Rhein (CDU) forderte – genau wie einige seiner Amtskollegen in Bund und Ländern – umgehend eine Visumspflicht für Serben und Mazedonier, um "Asylmissbrauch zu stoppen". "

"Serbien ist kein Rechtsstaat" Asylmissbrauch – für dieses Wort hat der frühere Bundesminister und Hohe Repräsentant für Bosnien und Herzegowina, Christian Schwarz-Schilling (CDU), in diesem Zusammenhang kein Verständnis: "Ich bedauere, dass das von Leuten in den Mund genommen wird, die von der wirklichen Situation der Menschen, die aus diesen Gegenden kommen, keine Ahnung haben." Serbien sei kein Rechtsstaat, betonte der 81-Jährige im Interview mit dem hr-Magazin "defacto". Radikales Denken sei dort nach wie vor vorhanden. Wenn politische Delegationen sich vor Ort informierten, bekämen sie ohnehin meist nur "Potemkinsche Dörfer" präsentiert. "Hier fehlt jegliche Expertise", so Schwarz-Schilling.

Gemeinschaftsunterkünfte sind integrationsfeindlich
Kritik übte Schwarz-Schilling auch an der Unterbringung von Flüchtlingen in Gemeinschaftsunterkünften. "Ich bin absolut dagegen", sagte der CDU-Politiker. "Ich halte das für eine absolut integrationsfeindliche Maßnahme." Die Menschen seien gezwungen, in den Unterkünften "Daumen zu drehen", junge Leute würden dort ausflippen. "Wollen wir das?", fragte Schwarz-Schilling und erklärte weiter: "Es gibt bessere Möglichkeiten."

Politik mit der Angst
Die Notsituation der Flüchtlinge die nach Deutschland kommen, wird von der Politik genutzt, um Ängste zu schüren und latente in der Gesellschaft vorhandene Menschenfeindlichkeit zu nähren. Das geschieht nicht offen, sondern wird gleichzeitig mit einem sozialen und humanitären Mäntelchen umgeben, wo und wann es notwendig scheint. Für den Bürger ist die Doppelzüngigkeit nicht immer leicht zu durchschauen. Eine Politik, die die Angst schürt, braucht sich nicht zu wundern, wenn die Menschen mit Angst reagieren, auch in Homberg. Wenn im Zusammenhang mit Asyl von Kriminalität gesprochen wird, sollte auch die Kriminalität zur Sprache kommen, die im Umfeld der Unterbringung von Asylbewerbern betrieben wurde und wird, bei der die Behörden oftmals auch weggeschaut haben.

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7 Kommentare zu “Asyl : Ein Spielball der Politik und Interessen”

  1. Fisch

    Heute ist Martins Tag.

    Ein Mensch der seinen Mantel mit einem von der Gesellschaft lebenslang geschundenem und ausgegrenztem Mitbürger teilt.

    Die Kath. Kirche hat ihn heilig gesprochen.

    Wäre es da nicht gut getan gerade in dieser Zeit die auf die Geburt Christi hinläuft den christlichen Werten Inhalt zu geben ?
    Statt Pfarrer auszubuhen?

    Wenigstens ehrlich waren die Initiatoren in dem sie auch ihre wirtschaftlichen Argumente vorbrachten – während man den Asylsuchenden vorwirft aus wirtschaftlichen Gründen allein hierher gekommen zu sein.

    Warum Mitbürger in Behörden statt offen und ehrlich Entscheidungen vorzubereiten, alles heimlich tun ist mir ein Rätsel.

    Zugleich aber auch ein Zeichen für inhumanes und unredliches Verhalten gegenüber ihrem eigenen Nachbarn.

    Selbst wenn die Unterbringung im Krankenhaus an unseren Maßstäben gemessen inhuman zu sein scheint:

    Für ALLE die hierher kommen ist das dann immer noch ein Schlaraffenland:
    Warme Räume, saubere Kleidung, sauberes Wasser kalt und warm praktisch unbegrenzt.
    Kein täglicher Kampf um Essen und Nahrung, medizinische Versorgung und dazu dann die leuchtenden Kinderaugen die diese “ kalte und gnadenlose“ Welt des Konsums im Lichterglanz erleben.

    Lichterglanz – ein Zeichen von Frieden.

    Der DGB und seine Vertreter sprechen von Vorurteilsfrei und mit Neugier solle man ihnen gegenübertreten – wo bleibt das Angebot in Räumen des DGB solchen Menschen eine schöne Weihnachtszeit zu ermöglichen.
    Statt dessen gibt es Grabenkämpfe darum in welchem Aufsichtsrat die Gewerkschaftsbosse ihre dicken Aufwandsentschädigungen erhalten.

    Dabei brauchen wir gar nicht so weit zu gehen:

    Die eigene Bevölkerung wird doch ausgebeutet:
    ALG II , niedrige Rente, Altersarmut, kein Platz für Studenten, Zeitarbeit und Werkverträge – Riesterverträge die nur denen Nutzen bringen die sie verkaufen eine Aufzählung die endlos scheint.

    Kein Ausblick für junge Menschen ein sicheres Leben aufzubauen oder gar eine Alterssicherung.

    14 % unserer Bürger leben heute schon in Armut !!!

    Dafür steht auch die aktion advent der HNA; der Adventskalender des LIONs Club usw.

    Mal gespannt wann die ersten Deutschen auswandern und Asyl beantragen !

    Heute durfte ich in einem Gottesdienst das hören, was Christus allen die sich Christ nennen und die dies in den Gottesdiensten zum Ausdruck bringen, mit auf den Weg gibt

    „Wahrlich ich sage euch: Was ihr nicht getan habt einem unter diesen Geringsten, das habt ihr mir auch nicht getan. “
    Matthäus 25 Vers 45

    Ich wünsche euch daher einen schönen Martins Tag.
    Eine besinnliche Weihnachtszeit.
    Und nie eine Zeit der Not.

  2. Homberg Fan

    Allein was Frau Blau äußert, dass ein Asylantenheim negativ ist, ist unqualifiziert.
    Wir müssen zu einer sachlichen und ruhigeren Diskussion kommen.
    Polemik hilft da nicht.

  3. Fisch

    Nachtrag:
    Die HNA vom 12. November 2012 berichtet, dass sich die Homberger Kreissynode geäußert hat und die Aussagen der Pfarrerin Heinemann und des Pfarrers Heidelbach unterstützen würde.
    Diese hatten „zu Menschlichkeit, christlicher Nächstenliebe und Verantwortung“ aufgerufen.

    Die Synode betont, man dürfe sich der Not der Menschen nicht verschließen.

    Ich vermisse ein Angebot zur Unterbringung in christlichen Einrichtungen wie zum Beispiel dem Assa von Kram Haus in Homberg Hülsa.
    Es ist ja nur vorübergehend.

    Nicht Reden und schöne Worte helfen.
    Taten sind gefordert.
    Taten wie sie für mich beispielhaft die Homberger Hilfe für Stolin praktiziert.

    Leider verfüge ich nicht über ein Haus mit Einliegerwohnung.

  4. Bürger für Homberg

    zu 3:

    Ganz meine Meinung!

    So wie der Pfarrer Heidelbach bei der Diskussion zur Unterbringung der Asylbewerber in der „STadt Kassel“ aufgetreten ist war ich total entgeistert:
    Unheimlich agressiv, lautstark und arrogant. Eigentlich für einen Pfarrer unwürdig.

    Da habe ich mich wirklich gewundert und immer schön unter dem Deckmantel der Kirche, quasi unangreifbar!

  5. regio

    Zu 4

    Der „moderne“ Rassismus entstand im 14. und 15. Jahrhundert und wurde ursprünglich eher in religiöser als in naturwissenschaftlicher Diktion artikuliert. Vielleicht liegt’s daran.

    Dann gibt es noch das Problem wie man rüberbringt, dass man ja eigentlich gegen Asylbewerber ist, ohne gleich in die Ecke des Rassismus gestellt zu werden.

  6. DMS

    zu 5:
    Was der erste Satz aussagen soll, ist unverständlich. Oder ist es nur die Einleitung für den zweiten Satz, in dem Sie den Bürgern Rassismus unterstellen? Wenn Sie der Meinung sind, sagen sie es offen und vor allem belegen Sie ein solche Unterstellung.

  7. Fisch

    zu 6.
    Nicht jeder kann und muss alles verstehen.

    Hier unterstellt regio nichts.

    Er reflektiert lediglich eine Aussage von Kommentator Nummer 4.
    Dieser hatte festgestellt, dass er den Kommentar Nummer 3. richtig findet.

    Vermutlich besonders wegen der Textstelle:
    „Die Synode betont, man dürfe sich der Not der Menschen nicht verschließen.

    Ich vermisse ein Angebot zur Unterbringung in christlichen Einrichtungen wie zum Beispiel dem Assa von Kram Haus in Homberg Hülsa.
    Es ist ja nur vorübergehend.

    Nicht Reden und schöne Worte helfen.
    Taten sind gefordert.

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