HOMBERGER HINGUCKER MAGAZIN

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Phantastische Projekte: Algenzucht

In einer nichtöffentlichen Magistratssitzung am 20. August waren auch Stadtverordnete eingeladen, um der Vorstellung von Kaufinteressenten für die Ostpreußenkaserne beizuwohnen.
Neben der Firma BTD, die im Bereich Panzerverschrottung in Thüringen tätig ist, stellten sich auch zwei Personen vor, die Algenzucht in Homberg planen. Das berichtete Joachim Kothe im Bauausschuss. Von welcher Firma die beiden Herren kamen, wurde nicht gesagt.

Für den 27. September lädt Bürgermeister Martin Wagner und der Stadtverordnetenvorsteher die Stadtverordneten zu einer "Besichtigungsfahrt/Informationsfahrt" nach Vechta zur Besichtigung einer Mikroalgenanlage ein. Danach soll es nach Thüringen zur Besichtigung der Firma BTD gehen.

Netzwerk Algenzucht

In Vechta sitzt die Firma NOVAgreen GmbH, sie entwickelt, produziert und vermarktet neuartige Systeme für die Produktion von Mikroalgen. Sie produzieren Algen für Nahrungsmittel-, Kosmetik- und Pharmaindustrie. Auf der Homepage wird für 2009 und 2010 von Projekten berichtet. In der genannten Gartenbauzentrale Papenburg weiß man nichts davon. Der Link zu einem RWE-Projekt führt ins Leere.

Das neue Projekt Bassum von 2012 findet sich überhaupt nicht auf der Homepage, das findet sich bei Schumann & Schumann in Potsdam, diese Gesellschaft schreibt über sich: "projektiert, baut und betreibt Großprojekte zur Produktion von Mikroalgen im Auftrag privater Investoren aus dem In- und Ausland."
Zwischen Juli und November 2012 wird über den Baubeginn einer Algenzuchtanlage in Bassum berichtet. Von einer Fertigstellung ist nichts zu lesen. Wer ist der Investor? Auch darüber gibt es keine Auskunft.

Als Bauherr tritt die ÖPAG, Ökologische Projekte AG in Berlin-Grunewald auf. Die Aktiengesellschaft, gegründet am 14. März 2012 sagt von sich:

"Die Ökologische Projekte AG (ÖPAG) hat ein einmaliges Konzept entwickelt: sie investiert in nachhaltige Projekte mit ökologisch sinnvollen Synergie-Systemen im Sektor der erneuerbaren Energien."

"Die ÖPAG eröffnet Investoren die Möglichkeit, sich an diesen ökonomisch attraktiven Projekten zu beteiligen."

Im letzten Jahr gegründet behauptet sie von sich, langjährige Erfahrungen zu besitzen.
Wir, die ÖPAG, erbauen Großanlagen zur Produktion hochreiner Mikroalgen und weiterer Aquakulturen.

"Derartige Großanlagen amortisieren sich in der Regel in vier bis fünf Jahren und bieten somit eine hervorragende Chance für ein erfolgreiches Investment.
Wir bieten Ihnen die Möglichkeit, in Form von partiarischen Darlehen, daran zu partizipieren."

Partiarische Darlehen sind Geldanlagen, die nicht der Aufsicht unterliegen, sie sind im Falle einer Insolvenz nachrangig, das heißt, Geld zurück gibt es nur, wenn alle anderen Gläubiger ausgezahlt worden sind und dann noch etwas übrig gebleiben sein sollte.

Die BaFin verlangt, dass sich aus der Gesamtschau aller Vertragsunterlagen die Nachrangigkeit der Anlage ergibt und dem Zeichner somit klar und unmissverständlich bewusst ist, dass er ein unternehmerisches Risiko in Höhe seiner Einlage und der Zinsen trägt. Quelle

Um solche hochriskanten Darlehen einzuwerben, wird den Kunden ein gutes Gefühl vermittelt, denn damit tragen sie dazu bei die Welt zu retten:

Durch die Züchtung von Mikroalgen können viele weltweite Probleme gelöst werden: Umwelt, Ernährung, Gesundheit, Energie uvm.

Für die Geldbeschaffung ist Zukunft jetzt GmbH verantwortlich. Sie ist im Büro Schumann&Schumann in Potsdam ansässig.
Sie wirbt mit Sätzen wie:

Erst durch staatliche Förderung lassen sich ökologische Projekte mit einer überdurchschnittlichen, sicheren Rendite entwickeln und realisieren.

Derartige Anlagen amortisieren sich in der Regel in vier bis fünf Jahren und bieten somit eine hervorragende Chance für ein erfolgreiches Investment.
Das erste konkrete Projekt wird in Bassum, südlich von Bremen, realisiert. Hier entsteht Europas größte Mikroalgenanlage.

Es wird eine Rendite von 12,6 Prozent versprochen.

Der weitere Partner, der unter der gleichen Adresse in Potsdam residiert ist die Ecologic Energy Group GmbH

"Die Ecologic Energy Group GmbH projektiert ganzheitliche Konzepte zur Erzeugung von erneuerbaren Energien in Deutschland und Europa.
Um nicht, oder nicht völlig, auf Bankkredite angewiesen zu sein, werden umfangreiche Möglichkeiten von Finanzierungen aus privater Hand genutzt."

Hier sind die Gewinnversprechen noch höher: "Hohe Rendite (über 15% jährlich) bei langer Laufzeit (15-20 Jahre)"

Ein weiterer Partner ist die Dreischtrom GmbH in Hoyerswerda, die als unabhängiger Energieversorger auftritt, gegründet 2010. Sie hat ihren Sitz in der Staße D, 450 m vom der Firma TPL entfernt, die für Homberg die Altreifen-Pyrolyse bauen will, der damalige Geschäftsführer der TPL, Dr. Pelz gab in Homberg ein Interview zur Pyrolyse.

Große Versprechungen
Bei soviel Euphorie zur Algenzucht, mit der die Weltprobleme gelöst werden sollen, Hunger, CO²-Reduktion, Energieversorgung, usw. wundert es, dass konkrete Nachweise fehlen. Keine Wirtschaftlichkeitsberechnungen, keien Aussagen welche Algen für welchen Zweck gezüchtet werden sollen, wie die Energiebilanz aussieht, wenn zur Beheizung Blockheizkraftwerke eingesetzt werden, keine Angaben über die Wertschöpfung, dafür aber werden hohe Renditen versprochen.

In dem Aufsatz "Kraftstoffe aus Algen: Der Tank bleibt leer" geht der Autor auf die Behauptungen und die kritischen Stimmen aus der Wisssenschaft ein. Sein Fazit, es geht darum Fördergelder abzuschöpfen.

Nachtrag 19.9.2013, 14:27
Email aus dem Rathaus: Besichtigungsfahrt wird auf den 25. Oktober 2013 verlegt. Gründe werden nicht genannt.

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3 Kommentare zu “Phantastische Projekte: Algenzucht”

  1. Homberger Fan 3

    Das Projekt in Bassum sollte seit Oktober 2012 also ca. vor einem jahr in Betrieb sein. Bis heute ist die Anlage nicht fertiggestellt. Informationen dazu deuten daraufhin, dass es Bauauflagen hinsichtlich der Abwässer und anderer entsorgungstechnischer Vorgaben gab. Diese wollte der Bauträger nicht hinnehmen. Außerdem scheint man seitens der Investoren noch immer nicht über eine gesicherte Kapitaldeckung zu verfügen. Das alels erinnert an die Pyrolyseanlage die bis heute nirgends wirtschaftlich in bwtrieb ist und ein so hochqualifizierter Mann wie Herr Pelz ( so nannte es Herr Gontermann in seiner Studie zum Technologiezentrum ) derzeit wohl eher kaum im Stande ist eine funktionsfähige Anlage vorzustellen. Er scheint sang und klanglos verschwunden zu sein. Mein Fazit: da versucht einer seit 2002 endlich mal was positives für Homberg zu machen und lässt sich immer wieder auf solche obskuren Ideen ein. Schmerzklinik im ehemaligen Klinikgebäude oder wie es sein Stadtarchitekt formulierte "den möglichen Kauf der ehemaligen Klinik zum Schaffen von innenstadtnahen Arbeitsplätzen, auch in Verbindung mit einem medizinischen Konzept." Wie schon von anderer Seite festgestellt, kann man sich nur wundern, welches angebliche Know How hier seitens des Stadtarchitekten vorliegt, um all diese Ideen in vollem Umfang zu erfassen. Und immer wird das Argument "Arbeitsplätze " vorgeschoben oder mit angeführt. So u. a. erst jetzt wieder im Zusammenhang mit der  "Lokalen Öknomieförderung". 23 gesicherte Arbeitsplätze seien neu entstanden. Welche lässt man offen – es ist also kein Fakt sondern lediglich die Reklame für möglicherweise vorhandene Fakten. 

  2. Bürger2004

    Es wird Zeit das Herr Wagner und Herr Gontermann in Rente gehen.

    Homberg braucht jemanden der Umsetzbare Ideen hat, jemdand der sich mit der Stadt Homberg identifiziert und versucht etwas umsetzbares für die Stadt zu erreichen.

    Was wir nicht brauchen sind Leute die versuchen sich ein Denkmal zu setzen (EKZ OST sinnloses Parkhaus etc) auf Kosten der Bürger die in Homberg leben und die Homberg lieben.

    In der Zeit hätte man mehr erreichen können und weniger Gelder verschwenden

  3. alge2014

    Für das Projekt in Bassum fehlen einfach die versprochenen finanziellen Mittel, über die weder die Schumann & Schumann GmbH (Vorgänger: Pazzel GmbH) noch die ÖPAG AG verfügen. Um eine Algenproduktionsanlage in der Größe von Bassum betreiben zu können, sind sicherlich mehrere Mio Euro notwendig. Aber dann ist auch noch nicht geklärt, wo die Erlöse herkommen sollen. Hiefür ist der Betrieb eines Forschungslabors nötig, um in verschiedenen Algenstämmen nach verkaufbaren Substanzen zu suchen. Die Züchtung von Algen zur alleinigen energetischen Nutzung ist ebenso weit von einem wirtschaftlichen Betrieb entfernt wie die Pyrolyse von Altreifen. Das haben insbesondere im letzteren Fall unzählige Forschungsprojekte gezeigt. 

    Fazit: Wer in die Algenbiotechnologie investieren will, braucht einen lagen Atem und viele Geld. 

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