HOMBERGER HINGUCKER MAGAZIN

2008 – 2021 Informationen zur Kommunalpolitik in der Kreisstadt Homberg (Efze) – ab 2021 HOMBERGER HINGUCKER MAGAZIN

Dr. Pelz erklärt Pyrolyse

HP Homber Interview Pelz

Auf der Homepage der Stadt Homberg erklärt Dr. Eckhart Pelz im Interview mit dem Mitarbeiter für Öffentlichkeitsarbeit der Stadt die Pyrolyse-Anlage, die er im Kasernengelände bauen möchte.

— Anfang des Interviews —

Interview mit Dr. Eckhart Pelz
über die Errichtung einer Pyrolyseanlage Umweltfreundliche Recycling-Technologie für Homberg
Im Zuge des Kaufes des Kasernengeländes durch die Stadt Homberg (Efze) soll auf dem Gelände der ehemaligen Ostpreußenkaserne auch eine Pyrolyseanlage entstehen. Sie soll ein Bestandteil des Technologieparks werden. In einer Pyrolyseanlage werden aus Altreifen wichtige energetische Rohstoffe zurück gewonnen, wie Pyrolyseöl, der Industrieruß "Carbon black", Altmetall und Gas. Damit würde in der Kreisstadt ein Recyclingbetrieb ansiedeln, der einen wichtigen Beitrag zum umweltschonenden Recycling und zur Schaffung von erneuerbaren Energien und Stoffen leistet. Uwe Dittmer sprach mit dem Betreiber der Anlage, Herrn Dr. Eckhart Pelz.

1. Herr Dr. Pelz, wie funktioniert die Pyrolyse?
Altreifenchips werden unter Sauerstoffausschluss bei 400 °C verschwelt, nicht verbrannt. Nach der Kondensation erhält man ca. 45 % Öl, ähnlich Heizöl, ca. 35 % Industrieruß (Carbon black) zusätzlich für die Kunststoffproduktion für Autos, für Kohlestofffasern von Windkraftanlagen und Flugzeugen, ca. 5 % Altmetall und ca. 15 % Gas zum Erhitzen des Drehrohrofens.
Es entsteht Abwärme und man kann durch Generatoren Strom erzeugen. Pyrolyse findet bereits in vielen Haushalten statt. Moderne Backöfen, die sich selbst reinigen, arbeiten nach diesem Prinzip.

2. Wie habe ich mir das mit der Abwärme und der Stromerzeugung
vorzustellen?
Die Abwärme kann für Koppelnutzungen z. B. in der Algenzucht, Biomassezucht und als Nahwärme oder für die Trocknung verwendet werden. Stromerzeugung durch Pyrolyseöl kann zur Energieunabhängigkeit von Homberg und Umgebung führen. Pyrolyseöl kann Energie speichern.

3. Herr Dr. Pelz, Stichwort Algenzucht. Was passiert da?
Durch Partnerfirmen ist es möglich, Algen in Gewächshäusern zu züchten. Die Abwärme kann kostengünstig zur Verfügung stehen. Das CO2 aus der Stromherstellung wird als Futter (Photosynthese) verwendet. Diese Algen werden in Kosmetika, Lebensmitteln und Medizinprodukten eingesetzt.

4. Was ist das Innovative Ihrer Pyrolyse?
Sie ist ein kontinuierlicher Prozess mittels Drehrohrofen, der dauernd, ohne Sauerstoffeinflüsse, mit Material gefüllt wird. Damit ist eine gleich bleibende Qualität der Produkte und Wirtschaftlichkeit gewährleistet. Andere Mitbewerber, die bislang nur Pilotanlagen im Patch-Verfahren (Kochtopfprinzip) gebaut haben, leiden unter dem ständigen Aufheizen und Abkühlen der Anlagen. Die laufen daher unwirtschaftlich. Bisher werden Reifen in der Masse für die Zementherstellung verbrannt und belasten die Umwelt. Mein Verfahren ist umweltschonendes Recycling.

5. Warum wollen Sie in Homberg investieren ?
Hombergs zentrale Lage und kurze Wege für die geschredderten Reifen haben mich überzeugt. Durch Bekannte lernte ich Homberg schon früher kennen und habe mich in den Ort verliebt.

6. Was bedeutet diese geplante Investition für Homberg ?
Eine Pyrolyselinie wird mit zwei Drehrohröfen ausgestattet. Die Investition beträgt ca. 11 Mio. EUR. Es sind zukünftig bis zu drei Linien geplant. Im Dreischichtbetrieb entstehen pro Linie bis zu 30 Arbeitsplätze.

–Ende des Interviews —

Anmerkungen zu den Aussagen des Dr. Pelz

Dr. Pelz muss die Homberger wohl für sehr naiv halten, dass er solche Erklärungen abgibt.

Das durch Pyrolyse gewonnene Öl ist ein Gemisch verschiedenster Anteile, die erst in einem weiteren Prozess in die verschiedenen Fraktionen zerlegt und gereinigt werden muss bevor es verwendet werden kann. Ob der Erlös für die Endprodukte in einem sinnvollen Verhältnis zu dem Aufwand stehen, darf bezweifelt werden, wenn man die entsprechenden Fachveröffentlichungen liest.

Ob der Ruß aus der Pyrolyse die Anforderungen für Kohlenstofffasern erfüllt ist eine unbelegte Behauptung. In der Literatur sind diese Verwendungszwecke bisher nicht zu finden gewesen. Dr. Pelz sollte dafür nachprüfbare Belege vorlegen.

Pyrolyseanlagen mit der Selbstreinigung von Haushaltsbacköfen in Beziehung zu setzen, verharmlost die hohen Sicherheitsanforderungen die wegen der Explosionsgefahr an solche Anlagen gestellt werden müssen. Während des Pyrolysevorgangs entstehen die verschiedensten Gase, bei einem Sauerstoffzutritt kommt es zu explosiven Gemischen. Mit aufwendigen Sicherheitsmaßnahmen muss das in allen Prozesszuständen gesichert sein.

"Stromerzeugung durch Pyrolyseöl kann zur Energieunabhängigkeit von Homberg und Umgebung führen." Pyrolyse ist kein Perpetuum mobile. Um solche Behauptungen aufzustellen, soll Dr. Pelz einmal vorrechnen wieviel Reifen dazu verarbeitet werden müsste.

"Pyrolyseöl kann Energie speichern." Das Öl hat einen Energiegehalt, der bei Verbrennung freigesetzt wird. Das hat nichts mit Speicherung zu tun. Speichen würde heißen dem Öl wir Energie zugeführt und später wieder abgeführt ohne das Öl selbst zu verbrauche.

Gegenüber dem Patchbetrieb ist ein Drehrohrofen zwar wirtschaftlicher. Ein Drehrohrofen bleibt bei einem Pyrolyseeinsatz schon deshalb unwirtschaftlich, weil er nur zu einem Drittel befüllt werden kann, aber das ganze Volumen muss erhitzt werden.

Reifen werden heute für die Zementherstellung verbrannt. Sie sind ein erprobter Brennstoff auf den sich die Zementindustrie auch mit entspechenden Filteranlagen eingestellt hat. Würden die Reifen nicht mehr für die Zementherstellung vorhanden sein, müsste ein anderer Brennstoff eingesetzt werden. In der Energiebilanz ändert sich nichts.

Mit diesem Interview hat sich Dr. Pelz selbst geschadet. Vielleicht werden die Chemiker unter den Lesern die Darstellung des Dr. Pelz noch fundierter untersuchen.

Von den Fördergeldern, die er verlangt, sagt er nichts.

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3 Kommentare zu “Dr. Pelz erklärt Pyrolyse”

  1. Heini Hingucker

    Von der Tatsache, das er selbst meinte, wenn es nicht in den Hallen möglich sei kämen weiteer Kosten hinzu ist auch nirgends mehr die Rede.

    siehe Studie.

  2. RS

    Jedem, der sich mit dem Thema Verwertung von Altreifen beschäftigt, empfehle ich auch folgenden Bericht aus 2012 von Kurt Reschner, Dipl.-Ing., M.Sc.:

    https://www.entire-engineering.de/Altreifenrecycling.pdf

  3. Dirk Gerlach

    In den o.g. Ausführungen sind aus unserer Sicht (teilweise) nicht korrekte Aussagen vorhanden. Daher haben wir uns für dieses Statement entschieden:
    https://dgengineering.de/download/open/Statement-Reifen-2012.pdf

    Für weitere Hinweise und/oder Korrekturen erbitten wir nachprüfbare Quellen. Danke!

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