HOMBERGER HINGUCKER MAGAZIN

2008 – 2021 Informationen zur Kommunalpolitik in der Kreisstadt Homberg (Efze) – ab 2021 HOMBERGER HINGUCKER MAGAZIN

Kasernen: Mehr Fragen als Antworten

Der Bürgermeister möchte das Kasernengelände kaufen. Dazu will er von der Stadtverordnetenversammlung noch vor Weihnachten freie Hand für die Vorbereitung des Kaufes per Beschluss erhalten. Vom Magistrat gibt es dazu noch keinen Beschluss, zumindest ist noch keiner vorgelegt worden.

Der Bürgermeister legt einen Begründungstext vor, der sein Vorhaben erläutern soll. Dieser Text soll hier genauer auf seine Aussagen geprüft werden. Die nachgereichten Berechnungen beruhen auf vielen schönen Annahmen, über die sich im Detail debattieren ließe, wenn es über die Grundentscheidung Klarheit und einen Konsens gäbe. Das ist bisher nicht der Fall.

Schnellverfahren
Bisher hat der Bürgermeister nur verschwommene, unvollständige Informationen geliefert. Eine Diskussion ist in der Stadtverordnetenversammlung bisher noch nicht angesetzt gewesen. Jetzt soll am 15. Dezember beraten und beschlossen werden. Ein Thema, das seit Jahren bekannt ist, von dem der Bürgermeister schon im Herbst 2008 gegenüber der HNA über 21 Interessenten  berichtete. Nichts davon ist bis jetzt daraus geworden. Jetzt soll übereilt im Schnellverfahren über große Summen und noch größere Risiken entschieden werden. Einen Vertrauensvorschuss kann es für diesen Bürgermeister nicht geben, der in all den Jahren getäuscht und falsch informiert hat.
Jüngstes Beispiel ist das GMA-Gutachten, über das er im März unter Vorspielgeung falscher Tatsachen beschließen ließ – er verschwieg, das er den Auftrag bereits im Januar vergeben hatte

Pathos statt Informationen
"Nach der glücklichen Wiedervereinigung unseres Vaterlandes…" damit beginnt der Text des Bürgermeisters und er berichtet was "seinerzeit" geschah ohne Zeitangaben und ohne klaren Benennung der Akteure.

Die Recycling- und Umweltdienst GmbH und die Firma Gebr. Wiederhold GmbH kauften Teile des Kasernengeländes.

"Dafür war es nötig, einen Bebauungsplan mit der Ausweisung eines Gewerbegebietes aufzustellen und zu verwenden. Für die beiden letztgenommenen Nutzungen ist der Bebauungsplan lediglich aufgestellt. Mit den wesentlichen Trägern öffentlicher Belange werden Abstimmungsgespräche geführt."

Offensichtlich sind Grundstücksteile an private Unternehmen von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) verkauft worden, gleichzeitig wurde aber immer gesagt, die BIMA verkauft das Kasernengelände nur insgesamt.

Es gibt also noch keinen Bebauungsplan. Mit "wesentlichen Trägern" werden Gespräche geführt, das heißt das Bebauungsplanverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Es gibt noch gar keine rechtlich verbindliche Festlegung.

"Dabei verpflichet sich die Stadt Homberg (Efze), die Straßen und Leitungssysteme in das öffentliche Eigentum zu übernehmen."

Wer hat entschieden, dass sich die Stadt verpflichtet? Bei dem eingeleiteten Bebauungsplanverfahren? Wann hat wer eine solche rechtsverbindliche Verpflichtung für die Stadt abgegeben? Mir ist aus den letzten Jahren ein solcher Beschluss der Stadtverordnetenversammlung nicht in Erinnerung. Sollte es einen Beschluss geben, wäre ein Hinweis darauf notwendig, um eine solche Behauptung prüfen zu können.

BIMA ist Eigentümer und verantwortlich
Als Eigentümer ist die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) auch für die Grundstücke und ihrer Nachnutzung verantwortlich.
Eine "Worst-Case-Betrachtung" von Wagner mit Entsiegelung und Abriss aller Gebäude käme auf rund 12 Mio. Euro, sofern diese Berechnung nicht viel zu niedrig angesetzt ist. Auch hier muss man die Berechnung und Kostenansätze im Detail prüfen.

Für die BIMA wären die Kosten von 12 Millionen Euro oder mehr für  Abriß und Entsiegelung auf eigene Kosten vielleicht der schlimmste Fall. Wenn die Stadt die Risiken übernimmt und noch 500 000Euro für das Gelände bezahlt, ist das Worst-Case sehr hoch, vielleicht wesentlich höher als 2.5 Mio. Euro. (Aus dem Umbau einiger Gebäude durch den Kreis für das neue Behördenzentrum ist bekannt, dass statt der ca. 2 Mio. Euro Umbaukosten je Gebäude jeweils über 4 Mio. Euro wurden. Hochgerechnet auf alle Gebäude ergäben sich erhebliche höhere Kosten.)
Die BIMA versucht verständlicher Weise solche Kosten zu vermeiden und die Grundstücke und Gebäude und somit die Risiken und Kosten auf neue Eigentümer abzuwälzen.

Noch nach 2008 erwog auch Bürgermeister Wagner die Forderung an die BIMA, sie solle alles abreißen und das Gelände im Naturzustand übergeben. Dann könne man sich über den Marktpreis unterhalten und hätte ein Grundstück ohne Kostenrisiko. Diese Alternative wird überhaupt nicht mehr in der Begründung genannt.

Ein Risikofaktor: Asbest
Bei allen Gebäuden ist Asbest als Baustoff für Bedachung und Wände eingesetzt worden. Irgendwann muss dies ausgetauscht werden. Diese Baumaßnahmen erfordern erhöhten Sicherheitsaufwand und damit Kosten. Es kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass das – wie bei den Hallen der Recycling- und Umweltdienst GmbH – widerrechtlich unterlassen wird. Die Installation von Solaranlagen auf den großen Dachflächen ist zum Beispiel erst möglich, wenn die Asbestdachplatten durch eine andere Bedachung ersetzt werden.

Lockmittel Fördermittel
Wagner weist auf Fördermittel des Landes für die Umwandlung von militärischen in zivile Nutzung in Höhe von 50 Prozent hin. Das heißt, die anderen 50 Prozent müsste die Stadt tragen, das wären nach Darstellung in den Unterlagen 3,5 Mio. Euro. Die Fördermittel würden "keinesfalls erhöht" sagt das Land, es werden "eher weniger denn mehr Fördermittel für Infrastrukturmaßnahmen". Warum auf Fördermittel bauen, die in der Höhe unbekannt sind, wenn andererseits bereits 12 Mill. Kosten für Abbruch und Entsiegelung im Raum stehen?
Muss Homberg die BIMA entlasten?

Nichtssagende Prosa
Wo Fakten fehlen oder wo sie nicht offengelegt werden sollen, wechselt der Bürgermeister zu nichtssagender Prosa. Eine Kostprobe:

"Gerade in der Anfangsphase der Herangehensweise an ein solches Projekt ist es nötig, sich einen Überblick über die Verhältnisse unter der Erde zu schaffen. Dazu wurde die Hauptstrecke der Wasser und Abwasserleitungen mittels TV-Befahrung untersucht.
Vielmehr ist es nötig, aufgrund der vorhanden Gewerbestruktur und der zur Verfügung stehenden Flächen, aber auch der Trends in der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes, mit offenen Augen und Ohren zu schauen, Gespräche zu führen und politische Entscheidungen vorzubereiten.
Entsprechdene Gespräche werden geführt."
(Bürgermeister Martin Wagner)

Was sind die Ergebnisse der TV-Befahrung? Was soll der folgende Absatz sagen, der mit "vielmehr ist es nötig"  beginnt – soll das eine Alternative zu Absatz eins sein? Es wäre schön, wenn Wagner die Gewerbestruktur und die Trends sieht und einschätzt. Nichts davon. Lediglich: Es sei "nötig Gespräche zu führen … Entsprechende Gespräche werden geführt."

Gewerbeflächen Überangebot
Bereits bei der Ausweitung der Gewerbeflächen in Homberg, in deren Folge die Logistik-Firma S.T.a.R. neu neben der Biogasanlage bauen konnte, ermahnte das Regierungspräsidium zu prüfen, ob so viele Flächen für die nächten 15 Jahre benötigt werden. Im gemeinsamen Gewerbegebiet an der Autobahn steht noch viel Fläche zur Verfügung. Im Homberger Gewerbegebiet wird zur Zeit ein Solarpark auf Gewerbeflächen errichtet, statt Arbeitsplätze anzusiedeln
Immer mehr Gewerbeflächen bei zurückgehender Bevölkerung, die für die nächsten 20 Jahre gerade in Homberg als unter dem Kreisdurchschnitt prognostiziert wird.

Lockmittel Arbeitsplätze und Einnahmen
Mit Speck fängt man Mause, mit Arbeitsplätzen Kommunalpolitiker.

"Insgesamt lässt sich feststellen, dass aufgrund der Schaffung von mindestens 35 Arbeitsplätzen von nachhaltigen Einnahmen, aus Grundsteuer von etwa 75.000,00 €, aus  anfallender Gewerbesteuer, die sich zur Zeit nicht exakt beziffern lassen, auszugehen ist."

Eine rechnerische Darstellung, worauf diese Behauptungen zurückgehen, fehlt.

"Leuchtturmprozess"

"Bezüglich der Restflächen in der Ostpreußenkaserne befinden wir uns in Gesprächen mit anderen Interessenten, insbesondere auch, um im Sinne des Landes Hessen in einem Leuchtturmprozess für Erneuerbare Energie eine besondere Förderung für einen Konversionsstandort zu erlangen.
Diese Gespräche werden u.a. mit den Städtischen Werken in Kassel geführt."

Für einen Leuchtturm erwartete man Orientierung zum richtigen Fahrwasser, um nicht in Untiefen auf den Grund zu laufen.
Wer ist wir? Den Stadtverordneten ist nichts bekannt, mit "wir" kann also nicht die Stadt gemeint sein, wer aber dann? Statt klarer Aussagen gibt es nur vernebelnde Andeutungen, durch die kein Licht eines Leuchtturm dringt. Alles bleibt im Dunkeln.

"möglicherweise" "in Erwägung ziehen"

Auf einer solchen Basis wünscht sich der Bürgermeister einen Beschluss, um Verträge ausarbeiten zu können. Für die Ausarbeitung von Verträgen ist kein beschluss notwendig, für den Vertragsabsachluss ist es zwingend.
Erinnert sei: Bei Steinbruch Dickershausen mit Firma Beisheim und Einzelhandelsuntersuchung derGMA lag kein Beschluss des Stadtparlaments vor.
Im  Tagesordnungspunkt für die Stadtverordnetenversammlung am 15. 12. 2011 steht eindeutig: "Beratung und Beschlussfassung über den Erwerb…" In der schriftlichen Erklärung dazu fordert er hingegen nur einen Beschluss, um Verträge ausarbeiten zu können.

Vergleich Ärztehaus
Wenn diese Unterlagen mit denen des Ärztehauses verglichen werden, ist zu sehen, wie saubere beschlussfähige Unterlagen auszusehen haben.
Im Gegensatz dazu kann auf der Basis der vorgelegten Papiere zum geplanten Kasernenkauf nicht verantwortlich entschieden werden. Bis heute sind die Unterlagen auch noch nicht auf der Homepage der Stadt veröffentlicht, wie erst kürzlich beschlossen wurde.
Wieder wird der Beschluss der Stadtverordnetenversammlung zur Veröffentlichung auf der Homepage missachtet .

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