HOMBERGER HINGUCKER MAGAZIN

2008 – 2021 Informationen zur Kommunalpolitik in der Kreisstadt Homberg (Efze) – ab 2021 HOMBERGER HINGUCKER MAGAZIN

Der Landrat schweigt und widerspricht nicht

Bildschirmfoto: Neuer Stadtzugang durch das Gebäude Untergasse 16 – Präsentation vom ANP,
Stand 15. November 2021

Erst mit Co-working Space  –   später mit einer Wohnung  –   jetzt: unbestimmte Nutzung

Bildschirmfoto: Beschlussvorschlag des Magistrats zum Ankauf Untergasse 16, vorgelegt im Bauausschuss

Der Magistrat schlägt den Stadtverordneten vor,  einem Kaufvertrag zum Erwerb des Grundstücks Untergasse 16 für 130.000 Euro zuzustimmen, obwohl die Stadtverordneten den Vertrag nicht kennen. Der Magistrat geht noch weiter, die Stadtverordnetn sollen auch darauf verzichten, den Vertrag nachträglich zu genehmigen. In einem Vertrag steht mehr als nur der Kaufpreis. Die Stadtverordneten sollen darauf verzichten, die weiteren Details zu genehmigen: Wann ist der Preis zu zahlen, wann geht das Grundstück auf den neuen Eigentümer über, welche Zahlungmodalitäten werden vereinbart und vieles mehr.

Obwohl zu dem Grundstück ein Wertgutachen erstellt wurde, das den Wert auf 90.000 Euro ermittelt hat, setzen sich alle darüber hinweg, der Magistrat und die Stadtverordneten. Damit machen sie sich der Untreue verdächtig, sie geben mehr aus, als ihnen erlaubt ist, sie veruntreuen damit Gelder der Stadt.
 

Kommunalaufsicht und Landrat

Das angerufene Kontrollorgan der Kommunalaufsicht im Landkreis sieht darin keinen Verstoß gegen geltendes Recht. Der Landrat als Dienstherr der Kommunalaufsicht wurde ausführlich informiert und um eine Stellungnahme gebeten.
Er reagiert weder auf das Schreiben noch auf die Erinnerung. Er widerspricht der Darstellung nicht. Die geschilderte Sachlage ist unbestritten und somit bestätigt.

Die Stadtverordneten stimmten dem Kaufvertrag blind zu, das heißt sie gaben ihre Kontrollaufgabe ab. Vielleicht vertrauten sie darauf, dass der Magistrat rechtmäßig handelt und sie sich darauf verlassen können. Die Erfahrungen der letzten Jahre sollte den Stadtverordneten gelehrt haben, dass beim Homberger Magistrat Kontrolle nötig ist..

 

 

   D O K U M E N T A T I O N         Schreiben an den Landrat

 


 

Sehr geehrter Herr Landrat Becker,
die Stadt Homberg hat ein Grundstück gekauft und dafür einen Preis gezahlt, der über den vom Gutachterausschuss ermittelten Wert liegt. In dieser Sache habe ich die Kommunalaufsicht Ihres Hauses um Prüfung des Falles gebeten. Bevor ich den Fall und die Auffassung der Kommunalaufsicht veröffentliche, möchte ich Sie bitten dazu Stellung zu nehmen.


Sachverhalt
Die Stadtverordnetenversammlung hatte den Kauf des Grundstücks Untergasse 16 zum Preis von 130.000 Euro beschlossen, obwohl der Gutachterausschuss nur einen Wert von 90.000 Euro ermittelt hat. Die daraufhin von mir am 12. 07.2023 angerufene Kommunalaufsicht antwortete mit Schreiben vom 07.09.20233 (Zeichen 30.2.4.-3 m 02 – 03).


In dem Schreiben werden die bekannten Aufgaben und Grenzen der Kommunalaufsicht erläutert. So heißt es: dass die Kommunalaufsicht nach §13 Hessische Gemeindeordnung (HGO) sicherstellen muss, „dass die Gemeinden im Einklang mit den Gesetzen verwaltet werden, dass die Entschlusskraft und die Verantwortungsfreudigkeit der Gemeinden nicht beeinträchtigt werden“.
Über allem steht aber Art. 20 des Grundgesetzes, dass  die Verwaltung  an Recht und Gesetz gebunden ist. Wenn die Hessische Gemeindeordnung (HGO) vom Einklang mit dem Gesetzen spricht, so ist damit eindeutig geregelt, dass die Gesetze beachtet werden müssen.

Lediglich in Fällen, in denen ein Ermessensspielraum eingeräumt ist, kann im Sinne von Erhalte der „Entschlusskraft und der Verantwortungsfreudigkeit“ entschieden werden. Dieser unbestimmte Rechtsbegriffe ist selbst auslegungsbedürftig und kann nicht unbegrenzt angewendet werden.

In der Hessische Gemeindeordnung (HGO) ist ein gestuftes Kontrollsystem vorgeschrieben, der Magistrat hat gegen rechtswidrige Beschlüsse Einspruch zu erheben, unterlässt er das, so ist der Bürgermeister in der Pflicht. Wenn das gemeindliche Kontrollsystem versagt, bleibt nur die Kommunalaufsicht.

Darüber hinaus hat die Kommunalaufsicht die Aufgabe, dann einzuschreiten, wenn die „stetige Aufgabenerfüllung“ nicht mehr dauerhaft durch die Haushaltswirtschaft gesichert und somit die dauernde Leistungsfähigkeit der Gemeinde gefährdet ist.
Außerdem sollen nur so viele Vermögensgegenstände erworben werden, wie für die in absehbarer Zeit zu erfüllenden kommunalen Aufgaben notwendig sind. Das heißt auch, erst die Pflichtaufgaben sichern bevor zusätzliche freiwillige Leistungen erbracht werden.

Die Ausführungen im Schreiben vom 07.09.20233 erfüllen nach meinem Rechtsverständnis diese Anforderungen nicht.


Überhöhter Preis

Die Kommunalaufsicht behauptet, die Stadtverordnetenversammlung habe sich in mehreren Sitzungen und Ortsterminen mit sämtlichen Aspekten, die für oder gegen das Objekt sprechen, auseinandergesetzt. In den Sitzungsprotokollen ist davon nichts zu finden, es ist eine Behauptung ohne Substanz.

Es ist nicht zu erkennen wie Angemessenheit des Preises über dem vom Gutachterausschuss ermittelten Wert erörtert und  begründet wurde. Im Schreiben wird der überhöhte Preis nicht aus dem Wert des Bestandes, der erworben wird, sondern aus dem zukünftigen Vorhaben im Obergeschoss eine Wohnung zu bauen, begründet. Erst durch die Investitionen der Stadt erhöht sich möglicherweise der Wert der Immobilie, den sie aber zum Zeitpunkt des Kaufes nicht hat.

Die Behauptung, die Flächen im Obergeschoss sei eine untergeordnete Lagerfläche ist falsch.
Diese Fläche war immer auch als Verkaufsfläche konzipiert. Darauf weist schon die großzügig angelegte geschwungene Treppe in Obergeschoss hin.
Wenn der mögliche Bau einer Wohnung im Obergeschoss zur Beurteilung herangezogen wird, dann müssen auch die Baumaßnahmen im Erdgeschoss einbezogen werden. Im Erdgeschoss soll ein Durchgang zur Stadtmauer geschaffen werden, wofür das Kulturdenkmal Stadtmauer durchbrochen und neu gestaltet werden soll. Dazu gehören entsprechenden
Treppenanlagen und Rampen von der Eben der Wallstraße bis zur Ebene Untergeschoss des Gebäudes. Eine weitere Treppenanlage bis auf die Höhe der Untergasse, zusätzlich eine Aufzugsanlage. Und wenn dieses Durchgangsgebäude nicht zum Windkanal werden soll, auch automatische Türen an beiden Seiten des Zugangs.

Die Baukosten übersteigen die, der einen Wohnung im Obergeschoss. Der Nutzen dieser Baumaßnahme für die Stadt ist nicht erkennbar.
In einer Sitzung des Bauausschusses erläuterte der Architekt Markus Staedt vom Büro ANP aus Kassel freimütig den Grund für dieses Projekt. Die einzelnen Maßnahmen der Stadt, die unter dem Begriffe „Wandelpfad“ mit weiteren Privatbaumaßnahmen und zukünftigen Bauvorhaben zusammen gefasst wurden, erfolgte nur, um so Fördermittel zu bekommen.
Als Einzelmaßnahmen wären sie nicht förderfähig. Es gibt keine sachliche Begründung und Notwendigkeit für das Projekt.

Darüber hinaus sind weit höhere Baukosten und vor allem Folgekosten für Wartung und Reinigung anzurechnen. Der Landesrechnungshof hat die Kommunen ermahnt, mehr die Folgekosten von Investitionen zu beachten, da diese für die Zukunft   jährlich anfallen, während die Baukosten nur einmalig sind.

Der Nutzen dieser Baumaßnahme für die Stadtentwicklung ist nicht erkennbar und deswegen auch nicht notwendig. Die historische Altstadt ist seit Jahrhunderten ohne diesen neuen Zugang ausgekommen. Wenn der Busbahnhof als Eingangstor zur Stadt begriffen wird, dann wären dort zuerst einmal Baumaßnahmen notwendig: Regen- und Sonnenschutz, Bänke, Toiletten, Fahrradabstellplätze, so wie es in Fritzlar vorbildlich vorhanden ist.


Aufgabenerfüllung und  Leistungsfähigkeit

In dem Schreiben der Kommunalaufsicht heißt es, „im Hinblick auf die Höhe des gezahlten Kaufpreises „ sei auch nicht zu befürchten, „dass die stetigen Aufgabenerfüllung bzw. die dauernde Leistungsfähigkeit der Stadt Homberg (Efze) hier durch gefährdet würde. Nur dies würde ein Einschreiten der Kommunalaufsicht rechtfertigen.

Diese Argumentation ist sehr befremdlich, angesichts der Kosten für das Gesamtprojekt und den daraus erwachsenen Folgekosten, die in keinem wirtschaftlich vertretbaren Zusammenhang mit den erwarteten Nutzen stehen.

Wie soll aus dem der Preisdifferenz von 40.000 Euro über die dauernde Leistungsfähigkeit der Stadt geschlossen werden, die schon jetzt nicht mehr gegeben ist.

Ob die Leistungsfähigkeit  der Gemeinde dauerhaft  gesichert ist, kann nur aus der Betrachtung der gesamten Haushaltswirtschaft   ermittelt werden. Dafür aber fehlen seit längerem aussagefähige Unterlagen.

Noch immer fehlt der Jahresabschluss von 2021.

Es gab in diesem Jahr noch keinen Bericht über den Haushaltsvollzug.
Dafür ist aber der Mangel an vielen Stellen offen zu erkennen. Pflichtaufgaben wie der schon lange geplante und immer wieder verschoben Bau eines notwendigen Kindergartens im größten Ortsteil der Stadt in Wernswig, der schon seit längerer
Zeit einen Notbetrieb im Dorfgemeinschaftshaus in Sondheim unterhält.

Pflichtaufgaben wie zum Beispiel Straßenunterhaltung ist im Haushalt 2023 mit nur 100.000 Euro angesetzt, also weniger als für den Kauf des Gebäudes Untergasse 16, dass einen sehr viel höheren Investitionsbetrag zur Folge hat.

Die Stadt hat das Areal des ehemaligen Kreiskrankenhauses mit allen Gebäuden für einen Euro erworben, ist aber seit Jahren nicht einmal in der Lage die notwendige Verkehrssicherungsmaßnahmen zu organisieren und zu finanzieren, so dass die Gebäude zu einem begehrten Zielort für Lost Place Erkundungen geworden sind, aber auch zu Zerstörung und Entwendung von Wertmaterialien. Obwohl dies bekannt ist, unternimmt die Stadt nichts.

In letzter Zeit erhielt ich die Information, dass die Stadt mit dem Ein-Euro-Kauf auch eine Grundschuld von 1,5 Millionen Euro mit übernommen haben soll. Das kann ich nicht prüfen, da ich keinen Zugang zu den Unterlagen habe, aber Sie können und sollten es und anschließend Ihre geprüften Erkenntnisse veröffentlichen.

Mit dem überteuerten Kauf des Grundstücks Untergasse 16 startet die Stadt ein weiteres Projekt, dessen Nutzen und langfristige Finanzierung nicht sicher ist. Es reiht sich ein in die Fülle vorheriger Projekte, die mit großem Planungsaufwand begonnen und publiziert worden, die still ohne jegliche Begründung entsorgt wurden, ohne dass jemals die Kosten öffentlich gemacht wurden.
In Erwartung Ihrer raschen Stellungnahme verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen

Delf Schnappauf


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