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Mit welchem Auto wurde der Stadtverordnete aus Tirol abgeholt?

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BildDiese Frage stand am Anfang der Arbeit im öffentlichen Akteneinsichtsausschuss, in dem die Umstände geklärt werden sollen unter denen der Bürgermeister einen CDU-Stadtverordneten aus dem Urlaub mit dem städtischen Dienstfahrzeug abholen ließ.

Auf dreimaliges deutliches Fragen nach dem Kennzeichen des benutzten Fahrzeuges gab es weder vom Bürgermeister noch vom Ausschussvorsitzenden eine klare Antwort, sondern nur den Verweis auf einen schmalen Ordner. In dem Ordner waren die Versicherungsunterlagen zu dem städtischen Fahrzeug VW Golf Plus zusammengestellt. Außerdem waren die Magistratsbeschlüsse zu finden, aus denen hervor geht, dass der Magistrat den Bürgermeister gestattet, dieses Fahrzeug auch privat zu nutzen; für die privaten Fahrten braucht er auch kein Fahrtenbuch zu führen.

Diese Darstellung gab der Bürgermeisters auch gegenüber der Presse. Am 29. Mai zitiert die HNA den Bürgermeister in wörtlicher Rede:

"Kosten wären circa 400 Euro Fahrtkosten, zuzüglich anteilige Hotel- und Skipasskosten circa 120 Euro entstanden. Meine Prüfung ergab, dass es kostengünstiger ist, mit dem Dienstfahrzeug des Hauptamtes, was ich auch privat nutzen kann und für das ich monatlich – neben der Besteuerung – bezahle, dass ein Bekannter, der auch städtischer Bediensteter ist, in seiner Freizeit den betreffenden Stadtverordneten abholt. Transportkosten des Fahrers hat die CDU Homberg getragen."

Diese in der HNA veröffentlichte Version wurde mit der Zusammenstellung der Unterlagen im vorgelegten Ordner – VW Golf Plus – untermauert.

Gestern (15. Juli 2009) die Überraschung: Mit dem Ausschussprotokoll kam die Kopie eines Schreibens von Herrn Martin Wagner an den Ausschussvorsitzenden, in dem es heißt:

09. Juli 2009
Sehr geehrter Herr Ausschussvorsitzender Krannich,
in der letzten Sitzung wurde ich mehrfach von Ausschussmitgliedern gefragt. Wegen der Fülle der Dienstgeschäfte und gesundheitlicher Probleme, bin ich mir nicht sicher, ob ich alle Fragen richtig verstanden habe und möchte deshalb klarstellen, dass die Fahrt zur Abholung des Stadtverordneten Walther nach meiner Kenntnis mit dem städtischen Fahrzeuges HR-HR 303 erfolgte.
Sollte ein anderer Eindruck entstanden seien, bedauere ich dies.
Mit freundlichen Grüßen Martin Wagner

Das Fahrzeug HR-HR 303 (Versehen bei der Nummer in der Erklärung) ist der Opel Corsa. Bis zum 9. Juli soll es ein VW Golf gewesen sein und jetzt ein Opel Corsa?
Welches Fahrzeug war es denn nun? Warum jetzt diese Erklärung?

Im Fahrtenbuch des Opel Corsa, für den auch der Bürgermeister das Fahrtenbuch führen muss, fielen einige Merkwürdigkeiten auf.

BildIm Fahrtenbuch gibt es keine Fahrt nach Tirol und zurück.

Während das Fahrzeug von den städtischen Mitarbeitern für relativ kurze Strecken in der Stadt genutzt wird, gibt es am Tag der Abholung des Stadtverordneten aus Tirol -Donnerstag, 19. März- einen Eintrag über exakt 700 km zu einem Ort in die Nähe von Augsburg und zurück. Der nächste Eintrag lautet über genau 500 km am Samstag, den 21. März nach Celle und zurück. Beide Fahrten sind vom Bürgermeister als Nutzer unterschrieben.

Ein Routenplaner gibt für die Strecke in den Ort bei Augsburg  Ingolstadt 774 km H/R an. Im Fahrtenbuch sind allerdings nur 700 km eingetragen. Der Homberger Anzeiger (31. Mai 2009) gibt die Strecke von Homberg bis in den Urlaubswort mit 612 km an. Schon allein der Zahlenvergleich wirft Fragen auf.

Im Protokoll des öffentlichen Ausschusses heißt es:

"Herr Gerlach hat festgestellt, dass eine Seite im Fahrtenbuch des Fahrzeuges HR-303 fehlt, das heißt diese Seite wurde augenscheinlich herausgerissen."

Der Augenschein war auffällig, am Kleberand des Buches war noch ein ca. 1cm breiter Papierstreifen erhalten geblieben.

Bisherige Berichte:

3. Akteneinsichts-Ausschuss beantragt
Dienstwageneinsatz: Begriffsklärung
145 Euro Mehrkosten werden als Sparen verkauft
Mit dem Dienstwagen abgeholt: Ausschuss hat begonnen

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5 Kommentare zu “Mit welchem Auto wurde der Stadtverordnete aus Tirol abgeholt?”

  1. Barolle

    „In dem Ordner waren die Versicherungsunterlagen zu dem städtischen Fahrzeug VW Golf Plus zusammengestellt.“
    D. h. im Vorfeld gab es genügend Zeit die korrekten Unterlagen zusammenzustellen.
    Damit können die Aussagen im Brief vom 9. Juli 2009 nicht stimmen – dort wird nur auf die Fragen in der Sitzung verwiesen.

    „mit dem Dienstfahrzeug des Hauptamtes, was ich auch privat nutzen kann und für das ich monatlich – neben der Besteuerung – bezahle, „: ist der Corsa auch ein Fahrzeug des Hauptamtes und darf er ihn privat nutzen ?

    Zu der Aussage gegenüber der Presse vom 29. Mai kann ebenfalls nicht der Inhalt des Briefes vom 9. Juli herangezogen werden!
    „in der letzten Sitzung wurde ich mehrfach von Ausschussmitgliedern gefragt. Wegen der Fülle der Dienstgeschäfte und gesundheitlicher Probleme, …..“
    Indirekt erklärt der Bürgermeister doch, dass er der vollen Belastung seines Amtes nicht gewachsen ist.
    Es ergibt sich somit das Bild :
    Entweder hat er
    – am 29. Mai 2009 Presse und Öffentlichkeit ohne Druck belogen
    – im Akteneinsichtsausschuss falsche Unterlagen zur Verfügung gestellt.
    oder
    er hat jetzt durch seinen Brief vom 9. Juli 2009 die Unwahrheit gesagt.
    So oder so : Er hat damit wenigstens einmal die Unwahrheit gesagt.
    Damit hat er nach der Steinbruchaktion das zweite Mal Bürger und gewählte Vertreter, die Presse und die Öffentlichkeit außerhalb Hombergs mit falschen Informationen versorgt.
    Interessant wäre es, wenn auf freiwilliger Basis sowohl der städtische Mitarbeiter als auch der Stadtverordnete Walther, im Ausschuss zu dieser Thematik des Fahrzeugs Stellung nehmen würden. Bevor es möglicherweise zu strafrechtlichen Ermittlungen kommt.
    Es dient auch der persönlichen Integrität dieser beiden Personen, die sonst aus meiner Sicht leicht in die Rolle von Helfern bei einem evtl üblen Spiel rutschen könnten.

    Sollte es zutreffen, dass ausgerechnet die Seite fehlt, die evtl andere Merkmale enthält wie die ursprünglichen Eintragungen?

    Es wäre interessant zu erfahren, zu welchem Zweck wer in Augsburg und Celle war!
    Gibt es Tankquittungen ?

    Sollte die Fahrt mit dem Corsa durchgeführt worden sein, sind die Eintragungen im Fahrtenbuch falsch.
    Sollten sie mit dem Golf durchgeführt worden sein, hat er eine nichteidliche schriftliche Falschaussage vor dem Ausschuss getätigt.
    Inwieweit der Begriff „Urkundenfälschung“ greift sollte ein Stadtverordneter und RA aus der SPD darlegen können.

    So oder so :
    Als Bürgermeister einer Stadt der Verhandlungen mit Unternehmen führen soll, als Repräsentant einer Stadt in der Öffentlichkeit, als Sprecher des Magistrats und als Mitglied seiner Partei : Das Vertrauen ist vermutlich nicht mehr gegeben.

    Er sollte Verantwortung übernehmen :
    Zurücktreten und damit weiteren Schaden von der Stadt, dem Amt das er bekleidet, seiner Person und seinen Angehörigen fern halten.
    Soweit zu den Fakten im Blog und meiner Meinung.
    Alles unter der Voraussetzung das hier die korrekten Fakten aufgeführt sind.

  2. Te Wake

    Hier einige Anmerkungen zum Fahrtenbuch

    „Welche formellen Anforderungen muss das Fahrtenbuch erfüllen, damit es von den Finanzbehörden anerkannt wird?
    Das Fahrtenbuch muss lückenlos und zeitnah zu den zurückgelegten Wegstrecken geführt werden. Es ist eine Urkunde im Sinne von § 267 StGB, grundsätzlich handschriftlich zu führen und muss die unternommenen Dienstfahrten so detailliert bezeichnen, dass die private Veranlassung sowohl vom Finanzamt als auch von den Finanzgerichten ausgeschlossen werden kann.
    Einzelne, miteinander nicht verbundene, lose Notizzettel genügen nicht den formellen Anforderungen. Streichungen oder Radierungen machen das Fahrtenbuch grundsätzlich ungültig. Die im Fahrtenbuch gemachten Angaben müssen aus sich heraus ohne weitere Kommentierung verständlich sein. Allgemeine Angaben wie beispielsweise „Dienstfahrt“, „Kundenbesuch“ oder „Baustelle“ genügen diesen Anforderungen jedenfalls dann nicht, wenn es an weitergehenden Erläuterungen fehlt. Das Fahrtenbuch sollte durchgehend für die Dauer des gesamten Veranlagungszeitraums zwischen dem 1. Januar und dem 31.Dezember geführt wird.
    Aus: https://www.foerderland.de/2088+M5e1f20664b7.0.html

    Kleinere Mängel sind, wenn insgesamt ein klares Bild der ordnungsgemäßen Führung vorliegt, bedeutungslos für die Anerkennung.
    (BFH München, VI R 38/06).

    Und hier findet man weitere Urteile dazu :
    https://fahrtenbuch-per-gps.de/Fahrtenbuch_News_TravelControl_Fahrtenbuch.html

  3. avaio

    ….“Wegen der Fülle der Dienstgeschäfte und gesundheitlicher Probleme, bin ich mir nicht sicher, ob ich alle Fragen richtig verstanden habe und möchte deshalb klarstellen, dass die Fahrt zur Abholung des Stadtverordneten Walther nach meiner Kenntnis mit dem städtischen Fahrzeuges HR-HR 305 erfolgte. Sollte ein anderer Eindruck entstanden seien, bedauere ich dies.
    Mit freundlichen Grüßen Martin Wagner“

    So jung und schon so krank?

    Keine Angst, so schlimm ist es nicht. So ein Verhalten ist allen Politikern gemein, wenn man denen mit Akteneinsichtsausschüssen auf die Pelle rückt. Ausflüchte und die Seligkeit des Großen nicht mehr wissen wollens und des Vergessens. Man nennt so etwas auch passagere, partielle, retrograde Amnesie. Ein unter Politikern weitverbreitetes Phänomen. Verschwindet sofort wieder, wenn die Sache ausgestanden ist – bis zum nächsten Mal. Die CDU scheint dafür besonders anfällig zu sein. Man denke nur an Kohl und Koch – unseren Hessenpinocchio. Nun hat es also auch den Bürgermeister erwischt.

    Willkommen im Club Herr Bürgermeister!

    Fragt sich allerdings, ob man unter diesen Umständen noch in der Lage ist, seine Amtsgeschäfte adäquat zu führen.

  4. Rufer aus der Wüste

    „Hinzu kommt, dass keine Fahrt nach Tirol im Fahrtenbuch eingetragen ist, stattdessen nur eine größere Fahrt über genau 700 km an dem Tag, an dem der Stadtverordnete abgeholt worden ist. Zwei Tage später ein weiterer Eintrag über exakt 500 km, eine sehr unwahrscheinliche km-Angabe.“

    Na jetzt ist doch alles klar oder etwa nicht?
    Bisher stimmt nur eines : Herr Wagner ist Homberger Bürgermeister.
    Schon bei einem „Schöne Guten Tag“ seinerseits kämen mir Zweifel.

    Da werden sich bestimmt einige heute Abend Beethoven zu Gemüte führen:
    „Freude schöner Götterfunken,
    alles war erlogen und erstunken,
    …..

    Grüße an den @Vergnügungssüchtigen: Du kannst die Korken knallen lassen.

  5. Logistiker

    Das wäre doch was für die Sendung des HR3 Fernsehens gewesen.

    09.12.2009, 21:45-22:30 Die unglaublichsten Fahrzeuge der Hessen

    „Der Golf der ein Corsa war“.

    oder fällt das in den Bereich „Erlkönige“ ?

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