HOMBERGER HINGUCKER MAGAZIN

2008 – 2021 Informationen zur Kommunalpolitik in der Kreisstadt Homberg (Efze) – ab 2021 HOMBERGER HINGUCKER MAGAZIN

Kindergartengebühren erhöhen: ein teures und falsches Signal

BildSchon im Vergleich mit den Städten in der Nähe kann Homberg mit seiner Kindergartenpolitik nicht mithalten, dort arbeitet man in Richtung Aufhebung der Elternbeiträge. In Homberg soll es in die andere Richtung gehen.

Wenn man noch etwas weiter schaut, dann sieht man, dass in Europa Deutschland an der Spitze steht, wenn es um die Elternbeiträge geht.

Laut dem Statistischen Bundesamt wurden 2003 rund 10,6 Mrd. Euro für frühkindliche
Bildung, Betreuung und Erziehung ausgegeben. Rund 27,9 Prozent davon trugen die
privaten Wirtschaftssubjekte.

"Innerhalb Europas hat Deutschland einen der höchsten privaten ‚"Finanzierungsanteile" heißt es in einer Studie des arbeitgeberfinanzierten "Initiative neue soziale Marktwirtschaft" (INSM), die deshalb auch fordert, dass die frühkindliche Erziehung kostenfrei sein muss.

Trotz der höchsten Belastungen für die Eltern in Deutschland, ist die Qualität nicht entsprechend.

"Deutschland und Österreich die einzigen Länder Westeuropas, in denen keine nennenswerte Präsenz von Beschäftigten in der Kindertagesbetreuung mit einer grundlegenden Hochschulausbildung zu verzeichnen ist" (OECD, 2004, 72).

Die Qualifizierung der Beschäftigten im Kindergarten ist trotz langer Ausbildungszeit noch immer am Leitbild der Kinderaufbewahrung und   -betreuung orientiert, wie eben auch die Argumentation zu den Elternbeiträgen. Die Bezahlung und Belastung der Beschäftigten hat zudem ein Maß erreicht, dass die Beschäftigten jetzt zum Mittel des Streiks greifen ließ.

Im Rathaus ist noch nicht angekommen, dass das in Kindergärten angelegte Geld die höchsten Erträge erzielt.

"Vorschulbildung erbringt innerhalb des lebenslangen Lernens den höchsten Ertrag (dies gilt insbesondere für die am stärksten benachteiligten Gruppen)." Werde nicht schon im "frühen Kindesalter genug in Bildung investiert, fallen durch – weniger effiziente – Fördermaßnahmen in späteren Lebensphasen weitaus höhere Kosten an", nicht zuletzt für Arbeitslosenunterstützung, Sozialfürsorge oder Verbrechensbekämpfung."

Empfehlung der EU-Kommission: "Die Vorschulbildung liefert im Hinblick auf den Bildungserfolg und soziale Eingliederung der Kinder die größten Erträge."

"Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament" vom 8. September 2006 (nach: DER STANDARD, Lisa Nimmervoll , 27.11.2006)

Um welche Summen geht es dabei.
Im Haushaltsplan 2009 sind 230.000 Euro als Einnahmen von den Eltern ausgewiesen.
Die geplante Erhöhung liegt zwischen 5,3 und 21 %. Wenn man einen Mittelwert von 13% annimmt, dann geht es um Mehreinnahmen von rund 30.000 Euro im Jahr bei einem Kindergartenetat von 1,8 Mill. Euro, dass sind nicht einmal 2 % des Etats. Bezogen auf eine Verschuldung der Stadt von über 40 Mill. Euro macht das nur etwa 0,08 Prozent aus. Wahrlich keine großer Anteil an der Sanierung der Homberger Finanzsituation

Dem steht aber die Außenwirkung gegenüber. Mit dieser Erhöhung werden Eltern mehr belastet und nicht gefördert, wie es so gern in den Sonntagsreden heißt. Homberg gibt damit auch das Zeichen, dass es in diesem Punkt nicht kinderfreundlich ist. Der Imageschaden für die Stadt lässt sich zwar nicht beziffern, er ist langfristig größer. Da muss man schon viel Geld in die Hand nehmen, um über Stadtmarketing-Maßnahmen den Imageschaden wieder auszugleichen. Wäre es da nicht besser den Schaden erst gar nicht entstehen zu lassen?

Das es auch anders geht, sieht man im bayrischen Schongau, wo die CSU die Erhöhung der Kindergartengebühren ablehnte und die Presse darüber schrieb:

„Es gibt Familien, die mit jedem Euro rechnen müssen“, so der Hinweis von CSU-Stadtrat Peter Blüml. In der derzeitigen wirtschaftlichen Lage sei es nicht der richtige Zeitpunkt, um die Kindergartengebühren zu erhöhen. Ähnlich argumentierte Helmut Schmidbauer (CSU), der nach eigenen Angaben nicht zustimmen könne, „wenn wir den Familien jetzt eins draufhauen“.https://tinyurl.com/l97n5y

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Dokumentation

Kinderbetreuung: Deutschland nur abgeschlagenes Mittelmaß

In den Industrienationen werden bereits 80 Prozent der Mädchen und Jungen im Alter von drei bis sechs Jahren außerhalb der Familie betreut. Selbst bei Kleinkindern unter drei Jahren wird schon mindestens ein Viertel in einer Einrichtung oder von einer Tagesmutter betreut. Auch in den ersten zwölf Monaten werden immer mehr Kinder außerhalb der Familie betreut. Das Unicef-Forschungsinstitut Innocenti in Florenz hat zehn Indikatoren entwickelt, anhand derer die Wissenschaftler gemessen haben, ob die Einrichtungen den Bedürfnissen nach Schutz, Förderung und Betreuung außerhalb der Familie gerecht werden. Die Studie wurde jetzt als "Erste internationale Vergleichsstudie zur Betreuung und Bildung von Kindern in Kindergärten und anderen Kindertageseinrichtungen in 25 Industrieländern" veröffentlicht.

Zu den Kriterien gehören unter anderem:

  • Ein Jahr Elternzeit nach der Geburt bei mindestens 50 Prozent des Einkommens
  • Ausreichende Betreuungsangebote für unter Dreijährige
  • Gute Ausbildung und Bezahlung von Mitarbeitern in Einrichtungen
  • Kleine Gruppen, in denen eine Erzieherin maximal 15 Kinder zu betreuen hat
  • Nationaler Aktionsplan zur Förderung benachteiligter Kinder
  • Ein Prozent des Bruttonationaleinkommens wird in die frühkindliche Förderung investiert.
  • Kinderarmutsrate von unter zehn Prozent
  • Deutschland erfüllt jedoch nur die Hälfte der Kriterien und landete damit nur im Mittelfeld (Abb. 13556).

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Die Staaten, die die ersten Plätze der Tabelle belegen, investieren zugleich mindestens ein Prozent des Bruttonationaleinkommens in die Betreuung von Vorschulkindern. In Deutschland sind es jedoch mit nur 0,4 % viel weniger.

Besonders negativ für Deutschland: Der Anteil der Kinder, die in einem als "arm" geltenden Haushalt mit weniger als 50 Prozent des Medianeinkommens leben, sollte unter 10 Prozent liegen; in Deutschland sind es jedoch 16 Prozent.

Deutschland versagt auch bei den Kriterien "staatlich geförderter Kindergartenbesuch für 25 % der Kinder unter 3 Jahren", "80 % der Mitarbeiter in Kindergärten mit spezifischer Ausbildung und entsprechender Bezahlung" sowie "alle Kinder mit medizinischen Grunddiensten erreicht".


Ein Kommentar zu “Kindergartengebühren erhöhen: ein teures und falsches Signal”

  1. Te Wake

    Wer nicht weiß, was ein Medianeinkommen ist hier 2 Links

    https://akin.mediaweb.at/2009/03/03koza.htm

    https://de.wikipedia.org/wiki/Median

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