HOMBERGER HINGUCKER MAGAZIN

2008 – 2021 Informationen zur Kommunalpolitik in der Kreisstadt Homberg (Efze) – ab 2021 HOMBERGER HINGUCKER MAGAZIN

30. Januar 1933: Die Machtübernahme der NSDAP in Homberg

 

Gastbeitrag von Thomas Schattner

 

 

Foto: Auf dem Schlossberg Homberg

 

Nicht nur zahlreiche Ereignisse auf lokaler Ebene, sondern erst recht auf Reichsebene zeigen Kontinuitätslinien von 1930 zum 30. Januar 1933 und darüber hinaus. So begann mit den Reichstagswahlen im September 1930 hier in Homberg der Siegeszug der NS-Bewegung, wo diese mit mehr als 31 Prozent der Wählerstimmen siegte. Auf der Ebene des Deutschen Reiches erfolgte bereits am 27. März 1930 eine einschneidende Zäsur. An diesem Tag trat die letzte vom Volk gewählte Regierung, die große Koalition unter Reichskanzler Hermann Müller, der Republik von Weimar zurück. Daraufhin entschied Reichspräsident Paul von Hindenburg, keinen vom Parlament gewählten Reichskanzler zu ernennen, sondern diesen aufgrund seiner besonderen Vollmachten durch die Verfassung der Republik von Weimar selbst zu bestimmen. So begann mit dem Zentrumspolitiker Heinrich Brüning am 30. März 1930 die Phase der Präsidialkabinette, die durchaus nicht demokratisch legitimiert waren, da ihnen die Bindung ans Parlament fehlte. So kam auch Hitler im Januar 1933 an die Macht.

 

Damit war aber längst noch nicht die nationalsozialistische Diktatur errichtet. Zwar hatte es z.B. Ereignisse gegeben, die man später kopieren konnte, wie die Entmachtung der preußischen Landesregierung Otto Braun am 20. Juli 1932, den Reichskanzler Franz von Papen schlicht entmachtete und sich selbst zum Reichskommissar von Preußen ernennen ließ. Dennoch bleibt es mehr als fraglich, ob sich die Nationalsozialisten wirklich schon im Januar 1933 über jedes kleine Detail des einzuschlagenden Weges bei der Machteroberung im Klaren waren. Abgeschlossen war die dann auch erst im August 1934, nachdem die SA (Sturm-Abteilung), eine paramilitärische Organisation der NSDAP, entmachtet worden war und Hitler nach Hindenburg Tod die Ämter des Reichskanzlers und des Reichspräsidenten in Personalunion führte sowie die Reichswehr nun den Eid auf den „Führer“ leisten musste. So gesehen stellen die Jahre 1930 bis 1934 eine Phase des Übergangs von der Republik zur Diktatur dar.

 

Der 30. Januar 1933: Die Ereignisse in der Stadt

 

Liselotte Strube erinnerte sich wie folgt an den Tag: „Am Tag der Machtübernahme […] schlachtete wir gerade. Es war bitter kalt, das Schweineblut floss in der Drusel zum Kanal und gefror. Meine Mutter sauste aus dem Haus, eine Hakenkreuzfahne unterm Arm, die auf dem Schlossberg gehisst werden sollte. Meine Mutter rutschte auf dem Gefrorenen aus und fiel der Länge nach hin, die Fahne unterm Arm. Sie konnte aber noch zum Schlossberg gehen. Die Fahne wurde aufgezogen, aber von der Polizei sofort wieder beschlagnahmt. Meine Mutter nähte eine neue Fahne. In dieser Nacht sickerte durch, dass die roten unser Haus sprengen oder erstürmen wollten. Daraufhin rückten Männer der Schwarzen SS in unser Haus ein. […] Geschehen ist nichts“.

 

Von dieser Spannung zeugt das Foto, welches am 30. Januar auf dem Schlossberg aufgenommen wurde nichts. Stattdessen erkennt man an diesem Montag fast die gesamte nationalsozialistische Prominenz Hombergs, dazu ein Großteil der Bevölkerung vor der „Fahne der neuen Zeit“.

 

Für diese hatten noch einen Tag zuvor in Homberg etwa 250 SA- (Sturmbann 2/173) und SS-Männer (Schutz-Staffel, SS-Sturm 3/35) einen Propagandamarsch nach einer Kundgebung auf dem Marktplatz durch Holzhausen (hier gab es eine weitere Kundgebung), Welferode, Dickershausen und Mörshausen veranstaltet.

 

Erst am 2. Februar begrüßte Homberg dann den neuen Reichskanzler u.a. mit einem Fackelzug ab 19.00 Uhr und mit einer Kundgebung auf dem Marktplatz. Als Redner war der altbekannte Parteigenosse Gunst engagiert worden. „Ich erwarte, dass sich alle Volksgenossen, alle Verbände u. Vereine des Kreises Homberg, welche hinter der neuen Regierung stehen, an dem Zug u. der Kundgebung beteiligen“, so Kreisleiter Exter. Schließlich stand die Veranstaltung unter dem Motto: „Zu Ehren des Generalfeldmarschalls, Reichspräsidenten von Hindenburg in Würdigung seiner großen geschichtlichen Tat und zu Ehren des Reichskanzlers Adolf Hitler“.

 

Abends ging es anschließend ab 20.30 Uhr bei „Walther“ weiter, um den „Aufbruch der Nation“ zu feiern. Die SS-Standarte lud zu einer Wehrpolitischen Kundgebung ein, der ein „Manöverball“ mit der SS-Standarten-Kapelle folgte. So unspektakulär begann die nationalsozialistische Diktatur in Homberg, das sollte sich aber schon bald ändern.

 


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