HOMBERGER HINGUCKER MAGAZIN

2008 – 2021 Informationen zur Kommunalpolitik in der Kreisstadt Homberg (Efze) – ab 2021 HOMBERGER HINGUCKER MAGAZIN

Der Natur auf der Spur: Welcher Natur?

BildIn der Ausstellung auf dem Hessentag beugt sich die Mutter zu ihrem Kind in der Sportkarre und zeigt zur Seite: "Schau mal ein Reh." Was sieht das Kind zwischen den Stämmchen? Einen leblose Figur in Form eines Rehs. Es äst nicht, wendet nicht den Kopf, springt nicht weg. Das "Reh" steht unberührt von dem Besucherstrom.

Welches Natur-Bild bekommt das Kind von einem Reh?

Ein Wasserlauf mit Einheitsrasen an beiden Seiten. Wo ist die vielfältige Pflanzenwelt eines Bachrandes? Wo ist Mädesüß und Minze?

Welches Natur-Bild bekommt das Kind von einem Bachlauf durch Wiesen?

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Diese "Natur", überdacht, ohne Tau, ohne Regen, ohne Vogelstimmen, ohne Wind, ohne Käfer, ohne Schmetterling, ohne….

Welches Naturerlebnis nimmt das Kind mit?

Es gibt kein einheitliches Bild der Natur. Im Laufe der Geschichte und der wachsenden Erkenntnisse wandelte sich der Bergriff Natur von einem magischen über einen romatischen zu dem systemischen und ganzheitlichen Naturbegriff der Neuzeit.

Nichts davon ist in dieser inszenierten Kunstlandschaft zu erkennen oder thematisiert. Statt Lebensprozesse und deren gegenseitigen Abhängigkeiten eine Aufreihung von Gegenständen einer Bilderbuch-Landschaft. In diesem Sinne sind auch die Landschaftsversatz-Elemente der Modell-Einenbahn Natur.

Diesem Standpunkt wurde die Frage entgegengehalten, wie man denn sonst Natur ausstellen soll. Vielleicht muss man sie gar nicht ausstellen, denn sie ist ja vorhanden, man kann hingehen und vor Ort schauen, wie etwa im Auwald an der Efze.

In den 70ern zeigte Frederik Vester seine Ausstellung über die Natur als vernetztes System. Da wurden Zusammenhänge, Auswirkungen und Rückkoppelungseffekte Bild anschaulich gemacht. Ein solcher Ausstellungsansatz veranschaulichte wenigstens diese Aspekte.

In der Hessentags-Ausstellung wurd die Natur als ein Gegenüber dargestellt: Als ein Lebensraum von Tieren und Pflanzen, als Erholungslandschaft, als vielfältige wirtschaftliche Nutzungsmöglichkeiten. Aus dem Blick gerät die Stellung des Menschen in der Natur, dass er selbst ein Teil der Natur ist. Jede Einwirkung auf die Natur hat vielfältige Folgen, teils erwünschte, teils unerwünschte. Jeder Eingriff wirkt sich auf den Menschen als Teil der Natur aus. Viele Zusammenhänge sind noch gar nicht bekannt oder werden ausgeblendet. Es gäbe genug zu thematisieren. Nur was aufgebaut und gezeigt wurde, berührte keines dieser Themen.

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Wer ein so vereinfachtes Naturbild vermittelt, der kann auch gegen den Schutz von Kamm-Molchen polemisieren, der kann auch in der Hessentagsarena 42 Bäume fällen. Dieser Naturnachbau ist kostenaufwendig, überflüssig und letztlich kontraproduktiv, wenn es darum geht, Verständnis für Natur in seiner Komplexität zu entwickeln.

Dies Ausstellung ist nicht der Natur auf der Spur, sondern einer Karrikatur der Natur.

Aktueller Nachtrag

HNA 20. Juni 2008, "Ein Stück Wald zerstört" Für ein Waldcamp wurde ein Waldwiese entfernt und die Fläche planiert. Ein Förster dazu:

„Die Wiese wird wieder eingesät und dann kann sie normal bewirtschaftetet werden“

Was durch die Planierung zerstört wurde, war nicht nur ein x-beliebige Wiese der Intensivlandwirtschaft, sondern als Waldwiese ein Lebensraum mit komplexen Zusammenhängen. Mit einer Neuaussaat kann dieser zertstörte Lebensraum nicht wieder hergestellt werden, dieser kann sich nur über einen längeren Zeitraum wieder aufbauen. Ein Beispiel für die verkürzte Sichtweise eines Naturbildes, wie es die Ausstellung vermittelt.

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6 Kommentare zu “Der Natur auf der Spur: Welcher Natur?”

  1. Barolle

    Das geht dann so weit, das Elche selbst bei Erwachsenen nicht mehr als Elch bezeichnet werden sondern als „IKEA“.

    Und Tierliebe beschränkt sich auf Zoofachgeschäfte :
    Nemo nur zur Erinnerung :
    Von 10 000 gefangenen Fischen im Korallenriff kommt einer im Aquarium an.
    Tiere kaufen und aussetzen und die Tierschützer fordern dann Sendungen von HR 3 um solche Tiere wieder und wieder „unter das Volk“ zu bringen.
    Inzwischen sind sie Teil der Kette “ Ware Tier “ :

    Wenn ich das Tier nicht mehr will, gebe ich es ins Tierheim. Die Sorgen dafür !

    Weiß man ja aus dem Fernsehen !

    Und nebenbei zerstören wir durch dies Handeln unseren eigenen Lebensraum.
    Wir vernichten usn ja selbst gegenseitig.

    Und beruhigen unser gewissen im Umgang miteinander und die Bekämpfung der Armut durch Spenden.
    Tafel, Aktion Advent usw.

    Während gleichzeitig unsere Kommunal- und Landespolitiker auf unsere Kosten in der Landesvertretung in Berlin feiern !
    2000 Gäste !

    Und im Schwalm-Eder Kreis gibt es mindestens 4000 arme Familien !
    Und Geld für die Schülerbeförderung fehlt – sagt der Landrat.

    Im Extra Tip Bericht zu diesem Fest ( Sonntag 22. Juni 2008 ) ist
    Herr Neupärtl beim Feiern zu sehen !

    Wasser predigen und selber Wein trinken !!!

    Klasse ! Jungs !
    Einfach Klasse !

  2. Volker Schmidt

    Ja, die Sache mit dem Waldcamp hat mich auch geärgert. Es ist schon sehr seltsam, wenn Jugendliche Naturerfahrungen machen sollen und das zu diesem Zwecke erst einmal ein Stück Natur – hier in Form einer Waldwiese – dran´ glauben muß. Zumal scheinbar „ausgebaggert“ und „planiert“ wurde! Für Bodenkundler ein Horror!
    Ergebnis: Hat sich was mit Edaphon; Bodenorganismen sieht man zwar nicht, und sie sehen i.d.R. auch nicht niedlich aus. Deswegen haben sie auch keine Lobby und werden nicht bedacht (planiere mal einer über einen Bär… ;-). Durch Aktionen wie hier durchgeführt geht jedoch ein Großteil der Organismen dahin, weil sie schlicht während der Erdarbeiten absterben oder später in Folge des Verlustes ihres Lebensraumes. Gut, theoretisch rücken Organismen aus angrenzendem, unversehrtem Boden nach. Zumindest dann, wenn der betroffene Boden nicht noch zusätzlich (schad)verdichtet wird. Gut, man könnte über diese kleinflächige Zerstörung hinwegsehen, wenn man bedenkt, das täglich bspw. ca. 129 Hektar Ackerfläche zugunsten von Siedlungsflächen, Verkehrswegen etc. neu versiegelt (teil/voll) werden.
    So etwas kann man aber doch gerade dann nicht akzeptieren, wenn es sich um ein Waldcamp handelt, wo Jugendliche Natur erleben und schätzen lernen sollen!
    Die Funktionen, die dem Boden gem. § 2 Abs. 2 Nr.1 BBodSchG zukommen und die ihm gesetzlich zugesichert sind, sind in dem betroffenen Bereich jedenfalls dahin. Mal ganz zu schweigen von den unzähligen Tieren, die in der Wiese selbst gelebt haben.
    Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, das der Förster zu Erdarbeiten seine Zustimmung gegeben hat. Wahrscheinlich brennt der Wald aber im Rahmen des Camps (durch Funkenflug/weggeworfene Zigarettenstummel bzw. Glasflaschen) ohnehin ab, dann ist die versaute Wiese auch egal…
    Was den Jagdpächter anbelangt – den interessiert schließlich nur, daß es was zu schießen gibt. Rotwild kommt bestimmt aus Futtergewohnheiten auch weiterhin auf die Wiese …

    https://www.hna.de/fritzlarstart/00_20080619153520_Ein_Stueck_Wald_zerstoert.html

  3. Volker Schmidt

    Nachtrag: Ein recht passendes Bild zu meinem obigen Beitrag hier:

    https://img440.imageshack.us/img440/3307/zwergdeckbllewandoswkikg3.png

    Quelle: Lewandowski, J.; Leitschuh, S.; Koß, V.: Schadstoffe im Boden. Eine Einführung in Analytik und Bewertung. Heidelberg: Springer Verlag 1997.

  4. Marianne

    Letzter Satz des Artikels von DMS: „Verkürzte Sichtweise eines Naturbildes“ – „Verstümmeltes Naturbild“ würde ich sagen.

    @Volker Schmidt:
    Wunderbare Karikatur.

    Dazu noch ein Witz:

    Treffen sich zwei Planeten.
    Der Erste: „Na, wie geht’s?“
    Der Zweite: „Ganz schlecht. Ich habe Parasiten-Befall: Homo Sapiens.“
    Der Erste:“Nicht so schlimm, das geht von selbst wieder vobei.“

  5. Barolle

    @Marianne

    Auch wenn du den Namen der Symbolfigur unseres „Erbfeindes“ trägst :

    „Verstümmeltes Naturbild “ trifft es voll.

    Und die Karikatur ist besser als das was im ehemaligen Amtsgericht so als Karikatur angeboten wurde !

    So oder ähnlich könnte man eine Karikatur anlegen zum Thema Steinbruch Dickershausen :

    vorher – nachher

    Und wenn das, was die HNA da berichtet bezgl der Aussage des Försters, stimmt – dann ist der Alles mögliche. Nur kein Förster.
    Dann ist er Industriemanager der vergessen hat das Bäume den Boden zum Leben brauchen.

    Übrigens ist auch das letzte Bild von dms ein Spitzenbild :

    Das Schild das in Richtung eines Restes eines Baumes zeigt Aufschrift : „Landesausstellung – Natur auf der Spur “

    Und dazu das rot – weiße Absperrband !!!!!

    Wenn das keine Symbolik ist !

  6. Volker Schmidt

    Sind denn eigentlich auch der angekündigte Harvester und die „Rübenverlademaus“ auf der „Natur auf der Spur“ Ausstellung gezeigt worden? Im Internet wurde ja dafür „geworben“ (offiz. Homberg Homepage). Die sind nämlich auch nicht gerade „umweltfreundlich“…

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