HOMBERGER HINGUCKER MAGAZIN

2008 – 2021 Informationen zur Kommunalpolitik in der Kreisstadt Homberg (Efze) – ab 2021 HOMBERGER HINGUCKER MAGAZIN

Betrachtungen eines Lesers

Marktplatz OstEin Leser schickte eine längere Betrachtung zur Situation der Stadt, speziell zu dem Beitrag Späte Einsicht: Einkaufszentrum Marktplatz Ost Diese Betrachtung ist mehr als ein Kommentar zu einem Artikel ist, deswegen erscheint sie als eigenständiger Beitrag.

Abbildung: Marktplatz östliche Seite

Dieser Kommentar (1) ist überzeichnet; er zeigt das Geschehen aus meiner Sicht, er provoziert und will dazu anregen, sich Gedanken zu machen, Homberg liebenswerter und lebenswerter zu gestalten, denn Gestaltungsvorhaben, als auch den Wunsch nach Veränderungen, und letztendlich dessen Durchführung, bis hin zum fertigen Endprodukt, sind verschiedene Kriterien, mit je unterschiedlichen Bewertungen.

Die Stadt Homberg, der man in den zurückliegenden Jahren bis zur Jahrhundertwende viele tragende Säulen wegnahm, mit denen sich die Menschen identifiziert hatten und eine bestimmte Wertvorstellung damit verbanden, hat sich von diesem Verlust nie erholt.

Sieht man sich nun die von dem Blogbetreiber oben aufgeführten Punkte zu den verschiedenen Daten jeweils einzeln an, als diese der Öffentlichkeit bekannt gemacht wurden, dann scheinen sie unterzutauchen in dem Wust anderer Verwaltungsaufgaben, die in jenen Tagen gleichzeitig auch dem Publikum bekannt gemacht wurden. Sie alle sind dem interessierten Leser schmackhaft dargestellt wurden, und verschleiern im Kern so den eigentlichen Gehalt der oben aufgeführten Punkte von Delf Schnappauf.

Der von dem Blogbetreiber hier veröffentlichte Bericht zeigt in der Summierung der einzelnen Punkte durchaus einen mehr oder weniger wachsenden Wert- und Gehaltverlust des Marktplatzes wie auch der Anrainer auf. In zunehmendem Maße verliert der Marktplatz in Homberg an seiner eigenen Identität, Funktionalität und Attraktivität.

Es ist schon fast eine „Entehrung“ eines traditionellen, markanten Homberger Merkmals, das auch mit zu den Säulen und den Fundamenten gehört, welche Homberg an der Efze, nicht nur seit dem Hessentag des Jahres 2008, über die Grenzen des Landes bekannt gemacht haben.

Wer dieser Sichtweise nicht folgen kann, der wird schnell eingeholt werden von der Realität, der schicksalsträchtigen, rauen Wirklichkeit mit dem Namen: „Rating“, der sogenannten Bonitätsanalyse von Banken und Sparkassen hinsichtlich der Bewertung von Wohnvierteln, Immobilien, usw., auch hier, – am und um den Marktplatz.

Es ist schade, dass die Erlebniswelt des Marktplatzes meistens nur auf die sonnigen Tage und auf die verschiedenen Events, wie der am 7. Mai dieses Jahres geschehen, fokussiert ist.
Fast immer gelangt man tags darauf wieder zur allseits bekannten und erlebbaren Normalität. Dann geht oft genug der triste Alltag am Marktplatz weiter, so, als wäre nie etwas geschehen.

Der Marktplatz selbst ist derweil nicht dazu geeignet, dauerhaft mit Leben erfüllt zu werden; schmucklos, farblos, spröde, grau in grau, – Kasernengrau, eine „steinerne Schönheit“. Dies ist das allgemeine Betrachter-Bild mit einem gewissen Gefühl von Kälte, das sich dem Passanten oder Spaziergänger darstellt, und das nicht unbedingt zum lustvollen Verweilen einlädt. Tische und Stühle, wie auch verschiedentlich bunt aufgestellte Sonnenschirme bieten hier und dort nur eine kleine Abwechslung an Farben des ehemals marktbelebenden Alltags.

Die einst von Fachleuten konzipierte, um Beifall heischende, und weiträumig angelegte Wasserrinne um den Marktplatz herum, zieht durch ihre eintönige Schmucklosigkeit keinerlei Aufmerksamkeit auf sich, und ist an verschiedenen Stellen ihres Umlaufes sogar ein Gefährdungspotential für Mensch und Tier.

Für Familien mit Kindern und auch älteren Mitbürgern wird es in zunehmendem Maße schwieriger die „Einkaufsmeile“ mit dem Marktplatz als Mittelpunkt für einen Schaufensterbummel ohne Stress in Anspruch zu nehmen.
Der Autoverkehr trägt gleichwohl ein Übriges dazu bei, den Marktplatz nicht nur unsicherer zu machen, sondern diesen sogar zu entwerten, denn entlang dieser Straße parkt Auto an Auto rechts neben der offenen Wasserrinne, und saugt damit die noch verbliebene Restschönheit dieses einstmals belebten und von den Hombergern beliebten Platzes auf.

Das Wohlfühlverhalten der Menschen ist unterschiedlich strukturiert; während in Fritzlar, Melsungen und Borken die Marktplätze an den Markttagen jeweils gut besucht sind, und dementsprechend viele €uro über die Theke wandern, trifft man zudem die dortigen Marktbesucher im Miteinander beim regen Gedankenaustausch. Nicht wenige Homberger kann man in diesen Nachbarstädten beim dortigen Shopping treffen, weil eben diese Marktplätze infrastrukturell in einem Umfeld eingebettet sind, das einlädt, dem Markttreiben beizuwohnen.
Hier in Homberg wird sich diesbezüglich natürlich Mühe gegeben, um positiv auf die Menschen einzuwirken, doch das Ganze wirkt im Endeffekt mehr oder weniger gequält, ein Bild dem Besucher nach außen darzustellen, das es in Wirklichkeit so nicht gibt.

Mit der seit einiger Zeit angedachten Installation von Parkscheinautomaten wird die täglich geringe Frequentierung des Marktplatzes noch weiter ausgehöhlt, da der Zeitdruck durch Parkzeit und Politesse stets als Schatten mit dem Autofahrer unterwegs ist. Man soll die Kuh melken und nicht schlachten, denn so wird das Verhältnis der Einnahmen rund um den Marktplatz sich gegenüber dem zu erfüllenden Planungssoll nicht rechnen lassen. Es wird kontraproduktiv sein, und verärgerte Autofahrer werden zukünftig den Marktplatz meiden, um ihren Wagen dort abzustellen.

Mit dem geplanten „Shopping Centre“ auf dem Ulrich-Areal, mit der Bündelung von Geschäften nahe der Drehscheibe verlagert sich zudem die noch vorhandene Kaufkraft umso mehr, so dass der Marktplatz fast nur noch als Gerippe dar steht, ohne jegliche Ausstrahlungskraft.

Die Frage stellt sich derweil dem Betrachter, wer soll dann noch den Marktplatz als „Einkaufsparadies“ für sich akzeptieren…?

Die Grenze zwischen einerseits einer „Erstarrung“ des Marktplatzes, wie auch der umliegenden Straßen und andererseits einer „Belebung“ der Ziegenhainer Straße werden von den Menschen durchaus gefühlt wahrgenommen…

Zunehmend verfällt der Marktplatz mehr und mehr, und ist an sonnigen Tagen ein Stelldichein picknickender Freizeittouristen, nach dem Motto: Sehen und Gesehen werden…

Die Geschäfte rund um den Marktplatz tragen, – Ausnahmen bestätigen die Regel – mit ihrer Deko und teils kaum wahrnehmbarer Werbung nach außen, eben nicht sehr rühmlich dazu bei, von vielen Hombergern besucht zu werden.
Einladende Geschäfte, wo der Kunde sich als König fühlen soll, sehen doch etwas anders aus. Die Angebotspalette der Händler lässt dem Kunden auch nicht allzu viel Spielraum.
Manche Geschäfte scheinen lediglich nur noch ihrer Alibifunktion nachzugehen, auszusitzen und einfach da zu sein…

Der ehemals natürliche Marktplatz in Homberg mit seinen Anrainerläden, wie das Central-Kaufhaus, die Engel-Apotheke von Fischer, dann in der Verlängerung der Schirnen, dem Strumpf- und Hosenladen für Herren, dem Textilgeschäft Grau, dem Werkzeugladen von Fey, der Bäckerei Hassenpflug, und last not least der Fa. Tesdorpf, ist der engstirnigen Städtebauplanung nach typisch deutscher ordnungsbewusster Manier ausgeliefert gewesen, und wurde auch dementsprechend so umgestaltet.
Das, was durch diese neue Form der Gestaltung angedacht war, eine natürliche Belebung, ein Ort des Miteinander, es trat nie ein, lediglich verschiedene Events erzeugten ein kurzfristiges Hoch im Bereich des Marktplatzes. Schulterzucken bei denen, die ehemals Verantwortung trugen…

So überließ man den Marktplatz sich selbst, stellte den Poller an, und dann wieder aus, und wusste nicht mehr weiter.

Das ehemalige Stadtmarketing schien sich wirklich zu bemühen, setzte aber, da für diesen Auftrag marketingunerfahren und gänzlich unqualifiziert, hinsichtlich der Arbeitsaufteilung, als Stadtmarketing schlichtweg falsche Akzente zur Belebung dieses Standortes, und wiederholte dann noch die gleichen Fehler jedes Jahr aufs Neue.

Fragt man derlei Marktbeschicker in Fritzlar und Borken: „Kommt ihr denn auch mal zum Markt nach Homberg, um dort anzubieten?“ – Dann ist die Antwort fast immer negativ: „In der Vergangenheit haben wir dies einige Male probiert; es ist für uns zu viel an Aufwand, das lohnt sich in Homberg nicht!“

Ist es denn die wirklich Kaufkraft, die da fehlt? Hat Delf Schnappauf Recht mit seiner Analyse?

Nun, – es scheint tatsächlich in diese Richtung zu gehen. Wenn man sich an die letzten Heimatfeste Hombergs erinnert, dann musste man miterleben, wie die einstmals große Wagenburg, mit der gebündelten Anreihung von Verkaufswagen auf einem großen Areal, dieser fliegenden Händler, mit dem immer geringer werdenden Kaufinteresse der Menschen, zunehmend abgebaut wurde. Die Abstände wurden mit der Zeit zwischen den einzelnen Verkaufswagen immer größer; die Angebote für den Besucher fielen zunehmend geringer aus. Auch die Fahrgeschäfte und andere diverse Jahrmarktangebote wurden abgebaut, und nur im kleinen Stil den Besuchern angeboten.

Von städtischer Seite wurden zudem die Kosten für die Standgebühren erhöht. Im nachfolgenden Jahr wurde dann die Fläche für die fliegenden Händler verkleinert, unter anderem wegen der Übersicht, und, um auch für das Publikum eine bessere optische Wirkung zu erzielen.
Gar mancher der Händler monierte laut über die vielen „Seh-Kunden“, die an den verschiedenen Ständen vorbeigingen, ohne ihr Portemonnaie zu herauszuholen, um etwas zu kaufen…
Mehrere der Händler bauten bereits nach einem Tag ihren Verkaufswagen wieder ab, weil sie nichts verkauft hatten, und zogen von dannen, ohne ihre Standgebühren zu entrichten.

Homberg wurde von diesen Marktbeschickern wegen ausbleibender Umsätze als künftiger Verkaufsort gestrichen, zumal viele dieser Händler von weither kamen.

In den letzten Jahren waren Homberg, die Altstadt, wie auch der Marktplatz immer mal wieder Themen in der öffentlichen Diskussion, von teils „alten Hasen“ der unterschiedlichen politischen Strömungen. Man wollte auf Veränderungen hinwirken für eine positive Entwicklung.

Und was geschah…? Wenig… Der Poller war wiederholt zum Gegenstand von Verärgerungen geworden.
Aber eigentliche spürbare Impulse für ein MEHR an positiver Gestaltung, ein MEHR an Lebensqualität, das ist alles auf der Strecke geblieben.

Man dachte seinerzeit von Seiten der Politik über diverse Veränderungen nach, man kam zu keinem durchzuführenden Entscheidungsprozess, und so hält dieser Denkprozess bis heute an…

Und AKTUELL? In diesen Zeiten versuchen ein paar Homberg getreue Aktivisten den Marktplatz mit durchdachten Ideen und Aktivitäten wieder zu beleben. Der erste Auftritt dieser Gruppe war von den Hombergern überwiegend positiv aufgenommen worden, und machte Hoffnung auf mehr, für die Zukunft. Sie legen den mit Einführung ihrer Tätigkeit alten Zopf beiseite, richten sich neu aus, und fahren derzeit auf einer Erfolgsschiene.

Doch es müssen insgesamt dauerhaft Zeichen gesetzt werden; der Nachhall des Events, dieser Einmaligkeit, sollte noch für die vielen tristen Tage danach in der Erinnerung der Menschen sein und belebend wirken.

Die Beantwortung der Frage nach dem Kaufverhalten wird auch abhängig sein auch von der Identifizierung der Menschen mit ihrer Reformationsstadt Homberg, wozu auch die Kritikverträglichkeit der Bewohner, wie auch der Geschäftsleute zählt, und gleichwohl von der sich aktiv einbringenden Bevölkerung für erlebnisreiche tägliche Marktplatzbummel…

Doch das Wohlfühlverhalten der dort teilnehmenden Menschen ist lediglich auf den Event am Marktplatz fokussiert. Dann ist dort alles abgesperrt, die Menschen können abschalten, bummeln, shoppen oder sich dem widmen, was die Stadtmarketingakteure anbieten. So reicht es nicht, nur mit verschiedenen Events zu einer dauerhaften Belebung der Altstadt zu kommen.

Homberg muss sich mit dem inhaltlich auseinandersetzen, was es ist, was es hat, und was es kann. Und von daher sollten Prioritäten gesetzt werden.

Der Begriff „Reformationsstadt“ muss umgesetzt werden als ein Leuchtpunkt im Bereich der Touristik. Die Reformationskirche, der Vorplatz, der Marktplatz mit seinen (sanierten) Schirnen und dem Fachwerkensemble muss als Ganzes gesehen werden, als Einheit, als Einmaligkeit, die in sich zusammengehört, eben, – als eine tragende Säule, wie auch all die anderen Sehenswürdigkeiten, die Homberg einzigartig machen.

Die Politik muss den Prozess begleiten und ergänzen, sie muss die Kraft der Erneuerung haben, manchmal aber auch des Umdenkens.

Da, wo etwas nicht sinnvoll erscheint, wo etwas nicht machbar ist, da sollte man seine Gedanken ordnen und dies dann lassen. Die Menschen müssen aktiv in die Verwirklichung mit eingebunden werden, denn diese sind es, die mit ihren Gedanken zur Gestaltung dazu beitragen, dass man letztendlich stolz darauf sein kann aus „Homberg an der Efze“ zu kommen.

Die Verbindung von Tradition und Moderne sollte immer zielgerichtet sein auf den Wohlfühlcharakter der Menschen.

Und dieser lässt, wie man zweifellos sehen kann, noch nach wie vor auf sich warten…

So kann man den Gedanken Gorbatschows: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“ auch auf die Reformationsstadt Homberg übertragen.

 

(1) Als Kommentar zu dem Beitag: Späte Einsicht: Einkaufszentrum Marktplatz Ost

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Ulrich-Areal: Klärungsbedarf vor der Diskussion

Abkürzungen

Wer mit den Bürgern ins Gespräch kommen möchte, sollte sich nicht hinter Fachbegriffen verstecken und die Rahmenbedinungen offen legen.

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