HOMBERGER HINGUCKER MAGAZIN

2008 – 2021 Informationen zur Kommunalpolitik in der Kreisstadt Homberg (Efze) – ab 2021 HOMBERGER HINGUCKER MAGAZIN

Was ist eine schmutzige Diskussion?

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Was ist eine schmutzige Diskussion?
Hier passt das mittlerweile geflügelte Wort "Fragen Sie den Bürgermeister."

Bürgermeister Dr. Ritz setzte den Begriff "schmutzige Diskussion" in der letzten Stadtverordnetenversammlung in die Welt. Es ging um die Bestätigung des 1-Euro-Verkaufs des ehemaligen Landratsamtes in der Freiheiter Straße 26.

Im Protokoll steht:

"Herr Bürgermeister Dr. Ritz trägt vor, dass er nicht alle Argumente der Vergangenheit wiederholen möchte. In den letzten zwei Monaten ist in der öffentlichen Diskussion die Grenze des guten Geschmacks von einzelnen Gegnern des Verkaufs deutlich unterschritten worden. Von dem, was dabei zum Teil vorgetragen wurde ist Vieles falsch und Entscheidendes weggelassen. Auf diese schmutzige Diskussion wird er sich nicht einlassen."

Die Wortwahl ist ungewöhnlich und auffällig. Normalerweise würde man von einer unsachlichen oder unfairen Diskussion sprechen. Warum wählt der Bürgermeister aber den Ausdruck "schmutzige Diskussion"?

Die psychologische Seite

Die Wortwahl ist ein Hinweis auf eine andere Seite der Auseinandersetzung.
Die Wahl des Begriffs "schmutzig" könnte als eine Projektion verstanden werden.
Eine Projektion ist ein Abwehrmechanismus.
Die Kontrahenten in der Auseinandersetzung werden mit dem Ausdruck "schmutzig" in Verbindung gebracht. Auf sie sollte projiziert werden, was in der eigenen Vorstellung in Konflikt mit eigenen oder gesellschaftlichen Normen gerät. Aus "schmutziges Geschäft" wird dann "schmutzige Diskussion".

Diese psychologische Betrachtung kann lediglich helfen, den Vorgang zu verstehen. Gelöst werden kann er nur politisch oder rechtlich.

Die politische Seite

In der Diskussion stehen sich zwei Positionen gegenüber.

     Auf der einen Seite: Bürgermeister, Magistrat und eine große Mehrheit der Stadtverordneten wollen das städtische Gebäude für einen symbolischen Preis an ein Privatunternehmen verschenken.

     Auf der anderen Seite: Zwei Stadtverordnete verweisen auf die Gesetzteslage, nach der öffentliches Vermögen nur zum vollen Wert veräußert werden darf. Von diesem Grundsatz sind nur eng begrenzt gut begründete Ausnahmen zulässig, auf die beide Stadtverordnete immer wieder hingewiesen haben.

Das ist im Kern eine normale politische Auseinandersetzung, in der jede Seite ihr Sachargumente vorträgt und damit zu überzeugen hofft. Wenn der Bürgermeister meint, vieles wäre falsch und Entscheidendes wäre weggelassen, kann er das in einer politischen Diskussion darstellen. Bisher konnte er nicht überzeugen.

Wenn er dazu noch die Meinung vertritt, er hätte es mit "Gegnern des Verkaufs" zu tun, unterschlägt er den Kern der Auseinandersetzung. Das ist keine saubere Argumentation.
Es geht nicht um den Verkauf an sich. Es geht darum, dass durch den Verkauf unter Wert der Stadt ein Schaden entsteht, den der Bürgermeister persönlich zu verantworten hat.
Der Bürgermeister hat die Pflicht, Beschlüsse der Stadtverordneten zu prüfen, rechtlich und wirtschaftlich. Daraus erwächst ihm das Recht gegen einen Beschluss Einspruch zu erheben.

 

hgo109Die rechtliche Seite

Grundsatz: Nur zum vollen Wert
Eine so hoch verschuldete Stadt wie Homberg darf nicht unter Wert verkaufen. Ausnahmen sind nur zulässig, wenn damit der Käufer die Stadt von einer kommunalen Aufgabe entlastet, die muss genau definiert sein. Außerdem muss es eine Rückfallklausel geben, wenn die übernommene Aufgabe nicht mehr erfüllt wird. Alles nachzulesen in einer Stellungnahme des Hessischen Städtetages zu einem vergleichbaren Fall.

In Homberg wurde vorab kein Wert festgestellt, eine entlastende Aufgabe für die Stadt ist nicht definiert, eine verbindliche Rückfallregelung existiert nicht. Auch auf den schriftlichen Hinweis, die Stadt in einer geeigneten Form an dem Ertrag aus dem Bauvorhaben zu beteiligen – entsprechend dem eingebrachten Wert – reagierte der Bürgermeister nicht.

Kein Grund für eine Ausnahme
Nicht unter Wert heißt erst einmal, es darf keinen Preisnachlass geben, egal ob 10, 30 oder 50 Prozent. In Homberg wird ein Vermögenswert zu 100 Prozent nachgelassen und damit ein Privatunternehmen begünstigt. Für diese Begünstigung gibt es keine Rechtfertigung im öffentlichen Interesse.
Das Einzige, was die Befürworter dieses Geschäftes anführen, ist Belebung der Innenstadt und Entlastung von Instandhaltungskosten.
Beide Argumente sind nicht belegt. Der Instandhaltungsaufwand für das Gebäude wurde in den vergangenen Jahren in der Stadtverordnetenversammlung nicht angesprochen, er wurde nicht ermittelt. Wegen des nicht ermittelten Gebäudewertes konnte der Instandhaltungsaufwand auch nicht mit diesem verrechnet werden. Selbst wenn vom Gebäudewert die Kosten für Instandhaltung abgerechnet worden wären, gäbe es einen Restwert, der beim Verkauf hätte erzielt werden müssen.

Verlust für die Stadt
Zu diesem Restwert kommt der Grundstückswert, der in dem von der Stadt nachgereichten Wertgutachten immerhin mit 66.600 Euro ausgewiesen wurde. Auch auf dieses Geld würde die Stadt bei dem Verkauf verzichten.
Aus der Bilanz der Stadt ist zumindestens der Wert des Grundstückes als Verlust auszuweisen.

Der Bürgermeister verwies auch auf die Zustimmung der Kommunalaufsicht beim Regierungspräsidenten. Die Ansicht der Kommunalaufsicht entlässt den Bürgermeister nicht aus seiner persönlichen Verantwortung, den Verkaufsbeschluss zu einem Euro zu prüfen. Ob die Ansicht der Kommunalaufsicht korrekt ist, kann nur ein Gericht entscheiden.

Letzte Chance
Um den Kaufvertrag rechtlich sauber zu gestalten und juristischen Konsequenzen vorzubeugen, gibt es noch Gelegenheit.

1. Der Magistrat hat noch bis Donnerstag 21. Mai 2015 Gelegenheit, gegen den Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 23. April 2015 Einspruch zu erheben, sofern es Bürgermeister Dr. Ritz nicht innerhalb der ihm gewährten Frist getan hat.

2. Der Eintrag im Grundbuch wird gestoppt.

3. Mit dem Käufer wird nachverhandelt und ein angemessener Kaufpreis festgesetzt, der gerichtsfest ist. Auch der Käufer sollte sich im eigenen Interesse dazu bereit erklären.

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Widersprüche des Bürgermeisters zu Gutachten

Bei Aufträgen für Wertgutachten rechnet der Bürgermeister mit zweierlei Maß.

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